Prof. Dr. Anne Sanders, Professor | Universität Heidelberg
IMR 250 - die Jubiläumsepisode Eures Jurapodcasts mit Prof. Anne Anders, Prof. Anne Mittwoch sowie Prof. Marc-Philippe Weller. Die drei Professor:innen diskutieren Marc-Philippe Wellers Gutachten für den 74. Deutschen Juristentag. Es geht um gesetzgeberische Maßnahmen zur Klimatransformation im Gesellschaftsrecht, das üblicherweise private Beziehungen regelt. Sie erläutern die Verbindung zwischen Völkerrecht und Gesellschaftsrecht, insbesondere die Umsetzung internationaler Klimaschutzabkommen in nationales Recht. Weitere Themen sind die Klimaneutralität für Unternehmen und die mögliche Einführung einer Klimaquote für Großunternehmen. Sie sind sich einig, dass das Gesellschaftsrecht ein Instrument für den Klimaschutz darstellen kann, um eine klimaneutrale Wirtschaft zu fördern. Verschiedene Vorschläge zur Förderung von Nachhaltigkeit und Klimaneutralität in Unternehmen sowie Maßnahmen zur Umsetzung einer Klimaquote werden beleuchtet - Details erhaltet Ihr in diesen sehr spannenden rund 30 Minuten. Viel Spaß!
Viel Spaß 🎉 und vielen Dank für Euer Feedback! 🙏🏼
Die Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg ist eine traditionsreiche Universität mit Hauptsitz in Heidelberg, an der rund 30.000 Studierende lernen und insgesamt etwa 8.000 Beschäftigte in Forschung, Lehre und Verwaltung arbeiten. An ihrer renommierten Juristischen Fakultät werden nicht nur künftige Volljuristinnen und ‑juristen ausgebildet, sondern es wird auch in zahlreichen Exzellenzclustern zu Fragen des Zivil-, Wirtschafts- und Völkerrechts geforscht.
Besonders prägend sind die internationale Ausrichtung, die enge Verzahnung von Theorie und Praxis sowie ein starkes Netzwerk aus Partnerhochschulen und Kanzleien, das Studierenden wie Praktikerinnen wertvolle Impulse liefert. Wenn Ihr wissen wollt, wie Heidelberger Professorinnen und Professoren in unserem Podcast über Klimatransformation, Nachhaltigkeitsberichte und andere gesellschaftsrechtliche Hot Topics diskutieren, dann klickt jetzt rein und hört die neueste IMR-Folge!
Ausgangspunkt für den Klimaschutz ist das Völkerrecht - das haben wir dann runtergebrochen auf das Gesellschaftsrecht.
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Mark hier, hi. Bevor es losgeht, ein, zwei kurze Hinweise. Erst einmal vielen, vielen herzlichen Dank, dass ihr hier jetzt über 250 Folgen, wir haben noch ein paar mehr abgedreht, aber das ist die 250. Die online geht, dabei wart.
Wir sind über die letzten Jahre massiv gewachsen, um nur mal eine Zahl zu droppen. Allein in den letzten 30 Tagen haben wir über eine halbe Million Impressions gehabt auf dem Podcast. Super viel schönes Feedback, viele schöne Bewertungen von euch.
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Bleibt also gerne dran. Empfehlt uns weiter an eure Kommilitonen, an eure Referendariatskolleginnen, denn unsere Mission hier bei Irgendwas mit Recht ist und bleibt es, euch spannende Vorbilder im Rechtsmarkt zu präsentieren, uns mit denen zu unterhalten, euch über die aktuellen Trends im deutschen Rechtsmarkt zu informieren und euch ein bisschen Inspiration für den eigenen Weg zu geben.
In dieser Folge darf ich drei Gästen danken. Zwei davon kennt ihr schon, Anne Mittwoch und Anne Sanders. Und die beiden unterhalten sich mit Marc-Philipp Weller, der das Gutachten zum Deutschen Juristentag 2024 verfasst hat zur Klimatransformation des Gesellschaftsrechts.
Ein absolut heißes Thema, über das ihr in den nächsten Wochen und Monaten wahrscheinlich sehr, sehr viel hören werdet. Insofern ist ein anderer Marc dabei. Ich moderiere diesen Podcast nicht mit.
Gebt uns dazu auch gerne mal Feedback. Das machen wir vielleicht hier ab und zu in Zukunft auch mal so, wie ihr das findet. Ansonsten vielen, vielen herzlichen Dank für eure unzähligen Stunden, die ihr diesen Podcast in der Vergangenheit gehört habt.
Vielen, vielen herzlichen Dank an all unsere Gäste, die in der Vergangenheit dabei waren. Und einen ganz besonderen Dank an Frau Dauner-Lieb, ohne die es diesen Podcast nicht geben würde. Und ich kann auch so viel verraten.
Irgendwas mit Examen geht in Zukunft in dieser und auch größerer Form weiter. Also bis dann nochmals danke, alles Gute und viel Spaß mit dieser Episode.
Herzlich willkommen auch von mir. Heute werden wir mit Professor Marc-Philipp Weller sprechen von der Uni Heidelberg und wir werden sprechen über sein Gutachten, das er erstellt hat für den 74. Deutschen Juristentag.
Worum es sich beim Juristentag handelt, werden wir gleich näher erfahren. Und beim Gutachten geht es um das Thema, empfehlen sich im Kampf gegen den Klimawandel denn gesetzgeberische Maßnahmen direkt auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts?
Ja, solltet ihr euch jetzt fragen, was eigentlich der Deutsche Juristentag, der DOT ist, dann sage ich da jetzt was zu. Und zwar, der DOT ist ein Verein und den gibt es schon ziemlich lange. Der wurde schon 1860 gegründet, also ein ganz schön altes Ding.
Und alle zwei Jahre trifft der sich. Da sind jemals so 2500 bis 3000 Juristen aus ganz Deutschland dabei. Und da wird dann in verschiedenen Sektionen werden aktuelle Themen diskutiert. Und diese Themen, das Ziel dabei ist, dass man Empfehlungen für den Gesetzgeber erarbeitet.
Da gibt es dann immer einen ganz bedeutenden Wissenschaftler, eine Wissenschaftlerin, die ein Gutachten erstellt und ein paar zusätzliche Referenten aus der Praxis, auch manchmal aus der Wissenschaft, die zusätzliche Inputs geben. Und dann wird das Thema auf dem DJT diskutiert und dann werden Beschlüsse dort gefasst.
Und da sind sehr häufig dann Leute aus der Justiz dabei, aber auch vor allen Dingen aus dem Bundesministerium, die zuhören und überlegen, was sie für Anregungen mitnehmen können. Für euch ist das Ganze deswegen einerseits wichtig, weil wenn ihr mal eine Schwerpunktarbeit schreibt, solltet ihr immer gucken, ob es dazu vielleicht zu dem Thema schon mal ein DJT gegeben hat, ob es dazu Gutachten gibt, die kann man dann super auswerten und zitieren dazu.
Und zum Zweiten gibt es ganz viele Studierendengruppen, die jedes Jahr mit auf den DJT kommen. Auch dieses Jahr 2024 in Stuttgart kann man bestimmt mit einer Studierendengruppe hinreisen, wenn ihr dazu Interesse habt, gibt es bestimmt an eurer Uni auch die Möglichkeit, das zu machen.
Und heute erfahren wir ein bisschen mehr über das Gutachten, was zum DJT 2024 geschrieben worden ist. Und Marc, du hast dieses Gutachten geschrieben und ich darf dazu sagen, dass es sicherlich einer der Highlights eines wissenschaftlichen Lebens ist, so ein Gutachten schreiben zu können.
Also insofern, das bedeutet schon echt viel, dafür ausgesucht worden zu sein. Da werden nämlich nur die größten Experten für das Thema ausgesucht. Und wir möchten jetzt gerne von dir wissen, worum geht es in deinem Gutachten? Und was ist sein wesentlicher Inhalt?
Ja, also zunächst vielen Dank für die freundliche Einführung und auch, dass ihr extra nach Heidelberg gekommen seid, um mit mir über dieses Gutachten zu sprechen. Es geht um, Anne hat es schon eingangs gesagt, um die Klimatransformation des Gesellschaftsrechts.
Also ob der Gesetzgeber auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts Maßnahmen zum Schutz des Klimas ergreifen sollte. Und das ist natürlich per se ungewöhnlich, weil das Gesellschaftsrecht eigentlich als Institut des Privatrechts nur die Beziehungen zwischen Privaten reguliert, nur ein Organisationsrecht ist und eigentlich nicht für gesellschaftspolitische Belange eingesetzt wird.
Das hat sich zwar in den letzten Jahrzehnten etwas gewandelt, aber jetzt hier für das Klima eingesetzt zu werden, ist jetzt schon was Spezielles. ist.
Ja, das Gutachten ist auch recht lang, über 100 Seiten, das werden wir jetzt nicht alles im Einzelnen durchgehen können, aber ein Highlight des Gutachtens ist bestimmt, dass dein wesentlicher Vorschlag darin besteht, dass du so eine Trias vorschlägst, also drei Dinge, die man im Gesellschaftsrecht angehen sollte, um den Klimawandel zu begleiten und zu unterstützen. Vielleicht kannst du die Trias mal kurz erläutern, was hast du dir da für Vorschläge überlegt?
Ja, das Gutachten ist lang, allerdings mein Team und ich haben es sogar über 200 Seiten gehabt und haben es danach Und auch ein großer Dank an meine Truppe hier, die mir da sehr mitgeholfen hat. Nun, der Gedanke ist, bis wir zu dieser Trias kamen, haben wir den Ausgangspunkt genommen im internationalen Recht, im Völkerrecht.
Das wäre sozusagen auch der erste Teil des Gutachtens, ist sozusagen, wo kommt der Klimaschutz her? Und das haben wir dann runtergebrochen auf das Gesellschaftsrecht. Vielleicht, um dann die Klimatrias besser zu verstehen, müssen wir den Ausgangspunkt kurz im Völkerrecht nehmen, wenn das okay ist.
Den nehmen wir gleich mal. Wo kommt denn der Klimaschutz her im Völkerrecht?
Genau, der kommt aus internationalen Übereinkommen, das erste dieser Art war 1992 schon in Rio, Die United Nations Framework Convention on Climate Change. Und die damals schon stellte sozusagen die Bedrohung des Klimas durch die Treibhausgaseffekte dar. Das ist insofern besonders, als ich mich noch an meine Schulzeit erinnere in den 1990er Jahren und man damals eigentlich in der breiten Masse keine, noch nicht die Sorge um den Klimawandel hatte.
Ganz im Gegenteil, man hatte die Sorge, dass fossile Brennstoffe zu Ende gehen könnten.
Und man hatte die Sorge um das Ozonloch, das FCKW, genau.
Richtig, ganz genau. Und das wurde tatsächlich auch völkerrechtlich sehr effizient bekämpft durch internationale Abkommen, die sich die Staaten auch gehalten haben. Und so hoffte man jetzt auch für den Klimaschutz 1992 in Rio, danach 1997 Kyoto, das Kyoto-Protokoll, das sozusagen nationale Kontingente, Obergrenzen vorsah pro Staat.
Das Kyoto-Protokoll wurde allerdings dann nicht verlängert, ist ausgelaufen und wir hatten dann lange nichts im Klimaschutz, bis dann 2015 erst das Pariser Abkommen kam mit der Temperaturbegrenzung auf 2,0 bzw. 1,5 Grad Celsius.
Was hat das jetzt nun mit dem Gesellschaftsrecht zu tun?
Genau, der Witz ist jetzt, dass dieses Völkerrecht, also diese 1,5 Grad, dass die sozusagen ins Gesellschaftsrecht übersetzt werden sollen. Und das führt mich jetzt auch gleich zu der Klima-Drehers, nach der du gefragt hast. Also das Spannende ist ja, dieses Völkerrecht bindet nur die Staaten und die EU hatte schon angefangen, Gesellschaftspolitik mit der Wirtschaft zu machen, also mit dem Gesellschaftsrecht, mit zwei Richtlinien.
Die eine ist die Corporate Sustainability Reporting Directive, die ist auch schon in Kraft getreten, also eine Bilanzierungsberichtspflichtenrichtlinie. Und die andere, die jetzt gerade vor wenigen Tagen verabschiedet wurde, ist die Corporate Sustainability Due Diligence Directive. Das war ein ziemlicher Krampf, weil die Bundesrepublik sich sozusagen auf Betreiben der FDP enthalten hatte und erst in letzter Minute sozusagen die Mehrheit der Mitgliedstaaten trotzdem, trotz dieser Enthaltung Deutschlands, diese Richtlinie angenommen hat.
Und in beiden Richtlinien nun erfolgt die Verknüpfung des Pariser Abkommens mit dem Gesellschaftsrecht, in dem nämlich letztlich dieses 1,5 Grad Ziel als Obergrenze festgelegt wird und übertragen wird auch auf Unternehmen. Und jetzt ist es natürlich so, dass man jetzt nicht mit einem Temperaturmessgerät im Unternehmen steht mit dem 1,5 Grad Ziel, sondern das wird dann übersetzt in CO2-Kontingente, in CO2-Emissionen.
Das heißt dann sozusagen, dass ein Unternehmen nicht mehr als ein bestimmtes CO2-Volumen ausstoßen soll.
Genau, und das entscheidende Stichwort ist hier die Klimaneutralität. Gemeint ist die CO2-Neutralität, also die Treibhausgasneutralität. Und CO2 ist das Wichtigste der sechs Treibhausgase. Deswegen steht CO2 pars pro toto für alle Treibhausgase.
Und Neutralität bedeutet tatsächlich, dass nicht mehr CO2 emittiert wird, als letztlich kompensiert wird. Also idealerweise wird massiv reduziert der CO2-Ausstoß und der verbleibende Rest, der nicht reduziert werden kann, wird dann kompensiert über Zertifikate.
Das hört sich ja erstmal nach einem ganz schon krassen Einschnitt an für Unternehmen, vor allem aus bestimmten Branchen, die da vielleicht stärker betroffen sind. Das hast du ja auch in deinem Gutachten adressiert. Vielleicht kannst du da nochmal kurz drauf eingehen. Klimaneutralität in Unternehmen. Wie muss man da vielleicht Unterschiede machen?
Also die Staaten haben sich im Paris-Ober-Einkommen verpflichtet, das 1,5-Grad-Ziel einzuhalten. Und die EU hat es runtergebrochen, auch Deutschland hat es runtergebrochen, auf Klimaneutralität der Bundesrepublik bis zum Jahr 2045. Dazu hat sich die Bundesrepublik als Staat verpflichtet.
Um das zu erreichen, reicht es natürlich nicht, dass die staatlichen Institutionen ihr CO2 reduzieren. Das machen sie, die Universitäten, wir müssen auch CO2-neutral werden. Auch die Haushalte mit dem Heizungsgesetz müssen Energie sparen.
Und die dritte Säule ist die Wirtschaft, die muss jetzt auch einbezogen werden und deswegen adressiert dieses Gutachten vor allem die Unternehmen. Und das mag manche als sozusagen als weitgehender Einschnitt erachten, aber es ist unbedingt notwendig, um diese völkerrechtliche Verpflichtung auch zu erfüllen, sonst schaffen wir es nicht, wenn die Unternehmen nicht mitmachen.
Und die Vorschläge sind ein Vorschlag sozusagen, wie man eine Anregung, wie der Gesetzgeber hier vorgehen könnte, um eben die Wirtschaft breitflächig auch auf dieses 1,5 Grad Ziel bis 2045 einzustimmen.
Das heißt, es geht sozusagen darum, weitere Bausteine auf dem Weg zu diesem Ziel der Klimaneutralität der ganzen Bundesrepublik zu schaffen.
So ist es, genau. Wir haben mit dem Bundesklimaschutzgesetz, haben wir ein Rahmengesetz, das eben die Klimaneutralität bis 2045 vorsieht und das muss jetzt mit Leben gefüllt werden. Da gibt es den Kohleausstieg, da gibt es den Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor, dann gibt es das Heizungs-, das Energiegesetz und dann fehlt eben sozusagen der Bereich der Wirtschaft noch, abgesehen jetzt von diesen spezialen Sektoren.
Und das Gutachten adressiert nun mit dieser Klimatrias die Breite der Unternehmen und mit der ersten Maßnahme, das ist die sogenannte Klimaquote, vor allem die Großunternehmen.
Das ist spannend, eine Klimaquote für Großunternehmen. Was muss man sich denn genau darunter vorstellen?
Angelehnt ist der Vorschlag der Klimaquote eine andere Quotenregelung, die wir schon im geltenden Aktienrecht haben, nämlich die sogenannte Geschlechterquote in § 76 Aktiengesetz. Und das ist eine Zielgröße, eine jährliche Zielgröße, die sich die Unternehmen selbst setzen, auch der Höhe nach selbst setzen. Das ist also eine flexible Quote.
Aber da geht es dann um Beteiligung beider Geschlechter an Führungspositionen und gar nicht um Klima.
Richtig, bei der existierenden Quote geht es um die Steigerung letztlich des Frauenanteils im Topmanagement, während jetzt hier bei der Klimaquote haben wir ein Endziel, das feststeht, nämlich die Neutralität 2045 und die Klimaquote ist nun die Idee, diese völkerrechtliche Klimaneutralität letztlich runterzubrechen und die Unternehmen zu verpflichten, selbst zu entscheiden, in welchen Schritten sie dieses Klimaneutralitätsziel 2045 erreichen. Das heißt, es kann Unternehmen geben, die sich ambitionierte Quoten jetzt schon in den nächsten Jahren setzen, um dann relativ schnell auf der Klimaneutralität hin.
Es mag aber auch Branchen geben, wo die Technologie noch nicht so weit ist und die erst noch entwickelt werden müssen. Das heißt, die würden sich in den Folgejahren eine geringere Jahreszielgröße setzen, eine Reduktion von CO2, um dann sozusagen kurz vor 2045 ambitionierter die Quote nach oben zu setzen.
Das klingt besonders spannend, vor allem es wird ja oft eingewandt, dass solche Gesetze einen hohen Bürokratieaufwand für Unternehmen mit sich bringen, aber scheinbar ist ja ganz viel Flexibilität.
Ganz genau, also es ist eigentlich ein privat autonomiekonformes Instrument, weil jedes Unternehmen selbst über die Höhe entscheiden kann. Das heißt nicht der Staat gibt eine Quote vor, sondern jedes Unternehmen entscheidet über die Höhe selbst.
War dir das auch insgesamt wichtig in deinem Gutachten, diese Frage zwischen der Flexibilität für die Unternehmen und zu vielen Verboten, die dann vielleicht auch die Wirtschaft zu sehr einengen?
Ja, es muss ja auch Akzeptanz finden, die Vorschläge und deswegen muss ein möglichst liberales Instrument her. Stichwort Bürokratie. Natürlich ist es ein gewisser Aufwand, diese Quote zu berechnen.
Allerdings adressiert das Gutachten nur die mitbestimmten oder börsennotierten Unternehmen. Das sind nur die großen Kapitalgesellschaften, die ohnehin schon gewohnt sind, die ganzen Daten vorzuhalten. Warum? Weil sie über die Reporting-Pflichten, über die wir eingangs gesprochen hatten, also die Reporting-Directive, ohnehin schon berichten und publizieren müssen über diese Daten.
Und jetzt ist nur noch ein kleiner Schritt sozusagen, wenn man die Daten schon publiziert, dann kann man sich auch noch selbst ein Ziel setzen. Das ist sozusagen etwas mehr als die existierende Regulierung, aber es ist jetzt keine Monster-Bürokratie, die jetzt entsteht, sondern eigentlich nur eine kohärente Fortentwicklung.
Und viele Unternehmen machen es ohnehin schon freiwillig, einfach weil sie die Unternehmensplanung haben und selbst das berechnen. Also insofern ist, glaube ich, die Bürokratie relativ überschaubar.
Zumal die europäische Richtlinie, die Corporate Sustainability Due Diligence Directive, ja auch durchaus solche Pflichten vorsieht, dass man einen entsprechenden Plan macht im Unternehmen, oder? Ich habe noch eine weitere Frage. Was passiert denn, wenn diese Quoten nicht eingehalten werden? Also ein Unternehmen setzt sich eine Quote, vielleicht auch zu ambitioniert und dann schaffen sie es nicht, ihre eigene Quote einzuhalten.
Also der entscheidende Punkt ist glaube ich, dass es da keine scharfe Sanktionen gibt. Es ist ein Compliance-Explain-Modell, wie auch schon bei der Geschlechterquote. Das heißt, es gibt keine Sanktionen oder keine Strafe für Nichterfüllung.
Man muss sich dann erklären, man muss es transparent machen und dann korrigieren für die Zukunft die Quote, aber es gibt da keinen Schadensersatz oder kein Bußgeld. Das ist glaube ich auch ganz wichtig für die Akzeptanz dieser Maßnahme.
Warum, also du hast schon erklärt, dass sich das auf die großen Unternehmen konzentriert, weil die im Grunde das schon gewöhnt sind. Das bedeutet aber, dass viele kleinere Unternehmen da erstmal nicht drunter fallen, ne?
Die fallen jetzt zunächst nicht runter. Man kann natürlich andenken, das dann auszuweiten. Diese Technik haben wir im Lieferketten-Sorgfaltspflichtengesetz gesehen, dass man zunächst ab 3000 Arbeitnehmern ist es dort anfängt und es dann sozusagen runterbricht auf kleinere Unternehmen. Das könnte man hier auch andenken.
Aber wichtig ist, glaube ich, für die Einführung, dass so eine gewisse Best Practice auch entsteht, dass schon die Unternehmen, die es ohnehin schon routiniert gewohnt sind, solche Daten zu erheben und damit zu arbeiten, dass die das erstmal etablieren. Und dann schauen sich die anderen das ab, dann etabliert sich auch der Rechtsberatungsmarkt und dann ist es viel einfacher sozusagen auch für den Mittelstand, das dann einzuführen.
Und die Klimaquote ist ja auch nicht die einzige Maßnahme aus deiner Trias, die du entwickelt hast. Wir haben eine zweite und die steht tatsächlich allen Gesellschaften offen, ob groß oder ob klein. Und das ist eben die Möglichkeit, dass Gesellschaften einen Zusatz, einen Rechtsformzusatz einführen können, der klimaneutral heißt.
Es wäre dann also nicht die GmbHx, sondern die GmbHx klimaneutral. Vielleicht kannst du uns das ein bisschen erläutern.
Genau, das wäre ein Marketing, ein Signaling-Instrument, der aus dem Markt eben signalisieren soll, dieses Unternehmen, nicht das Produkt, sondern das Unternehmen als Ganzes ist klimaneutral. Und da kennen wir schon sozusagen von Akerlof her schon aus den 1970er Jahren in den USA, dass es, wenn es ein Marktversagen für ein bestimmtes Label gibt, dass dann der Staat regulierend ein Label zur Verfügung stellen muss.
Der Markt für Zitronen.
Der Markt für Zitronen, der Market of Lemons.
Ganz genau.
Und bei uns, wenn man das überträgt, ist das Label klimaneutral oder umweltfreundlich, ist eben ein sehr oft verwendeter Begriff, der aber noch keinen richtigen Standard hat. Und die Chance bestünde nun, wenn der Gesetzgeber es sich zu eigen machte, für Unternehmen diesen Standard zu definieren und dann auch, dass er auch einheitlich verwendet wird.
Im Moment nennen sich alle möglichen Unternehmen klimaneutral, ohne dass man genau weiß, Stichwort Greenwashing, ob es auch klimaneutral ist. Und das ist die Idee mit dieser Rechtsform, die so ausgestaltet von den Anforderungen, dass es dann auch garantiert klimaneutral ist.
Könntest du uns ein bisschen was genaueres sagen zu den einzelnen Voraussetzungen? Was muss also ein Unternehmen tun, was sich diesen Rechtsformzusatz gönne? Wenn ich es richtig verstanden habe, ist der Zusatz bedeutet ja, dass jede Art von Unternehmen das nehmen kann. Eine GmbH, eine AG, auch eine Kommanditgesellschaft, eine KG, das steht denen also allen offen.
Was sind die Voraussetzungen dafür?
Genau. Wichtig ist, es steht allen offen, auch weil es nicht nur gegenüber Kunden als Marketinginstrument eingesetzt wird, sondern auch gegenüber den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Also gerade Kanzleien zum Beispiel in der Partnerschaftsgesellschaft mag vielleicht auch signalisieren, dass sie nachhaltig klimaneutral ist.
Die Voraussetzungen sind, und das haben wir uns abgeschaut aus den USA von der Benefit Corporation und in Frankreich von der Societea Mission, dass das Ganze gesellschaftsrechtlich verankert sein muss. Im Gesellschaftsvertrag muss also der Zweck der Klimaneutralität festgeschrieben sein.
Das bedeutet nicht, dass das Unternehmen keine Gewinne machen kann, sondern es ist ein Dual Purpose, Profit and Climate wäre sozusagen der Zweck und darüber hinaus müsste sich dann die Geschäftsführung, müsste sich sozusagen selbst darum kümmern, um diese Klimaneutralität, das heißt es muss einem Ressort der Geschäftsleitung zugewiesen sein und dann muss es auch attestiert werden von einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft oder einem unabhängigen Zertifizierer, zum Beispiel dem TÜV, dass die Klimaneutralität auch besteht.
Das muss das Unternehmen dann eben darlegen mit den vorhin schon erwähnten Reporting-Pflichten und wir haben die Definition, das müsste der Gesetzgeber eben tun, was klimaneutral ist, aber wir schlagen vor, dass es sich auf die Scope 1 und Scope 2 Emissionen einer Gesellschaft bezieht.
Ich glaube, die Scope 1 und 2 Emissionen haben wir noch gar nicht genau definiert in unserem Podcast bisher. Was heißt das genau, Scope 1, 2 und 3?
Ja, danke für die Nachfrage. Das ist ein Begriff aus der Klimabilanzierung und zwar ein Begriff, der sich international schon etabliert hat, wo es aber noch keine nationale Regulierung dazu gibt. Die EU hat sich allerdings diese internationale Regulierung zu eigen gemacht und im Rahmen der Reporting Directive sogenannte Ausführungsverordnungen, delegierte Verordnungen erlassen, wo das dann näher konkretisiert wird.
Was meint man damit? Scope 1 sind die Emissionen, die das berichtende Unternehmen selbst emittiert. Also die GmbH selbst und auch alle von ihr beherrschten Tochtergesellschaften. Also letztlich die Konzernspitze und alle Konzerngesellschaften, die dazugehören.
Das leuchtet ein, weil hier ein Beherrschungsverhältnis besteht und man Einfluss nehmen kann auf die Töchter. Deswegen, das sind die Scope 1 Emissionen. Scope 2 Emissionen sind die Emissionen, die aus der erworbenen und verbrauchten Energie entstehen, bei der Energieerzeugung.
Das heißt, wenn man Strom einkauft oder Energie einkauft, die Emissionen, die dabei entstehen, sind die Scope 2 Emissionen. Die werden auch dem Unternehmen zugerechnet, nach unserem Vorschlag. Scope 3 Emissionen schließlich sind die Emissionen in der Wertschöpfungskette, und zwar in der Lieferkette Upstream, Also von der Rohstoffgewinnung bis zur Produktherstellung bis dann hin auch Downstream in der Absatzkette bis hin letztlich zum Verbrauch durch den Kunden.
Also bei einem Auto zum Beispiel, also die einzelnen Komponenten des Fahrzeugs, das zusammengebaut wird, wenn da CO2 entsteht, das wird dann als Scope 3 dem Hersteller zugerechnet, aber genauso sozusagen das Fahren des Fahrzeugs nachher durch die Autofahrerinnen, auch das würde dem Hersteller zugerechnet.
Ich glaube, da brauchen wir vielleicht noch ein bisschen Beispiel dafür. Also angenommen, wir haben ein Unternehmen, das Automobile herstellt. Vielleicht können wir durch die Herstellung eines Autos mal durchgehen, in welchen Scopes sich die einzelnen Emissionen da befinden. Also angenommen mal, das Unternehmen selbst produziert jetzt das Auto. Die Emissionen, die dabei entstehen, sind dann im Scope 1. Genau.
Die Emissionen, die aus den Fabriken bei einem Autounternehmen entstehen, sind die Scope 1 Emissionen.
Wenn jetzt dabei zum Beispiel beim Zusammenschrauben der Karosserie Elektrizität gebraucht wird, sind die Emissionen, die bei der Erzeugung der Elektrizität entstanden sind, das ist Scope 2. Ganz genau. Ja. Und wenn nachher eine Kundin das Auto kauft und mit dem Auto rumfährt, sind die Emissionen dieses Autos dann Scope 3?
Ganz genau. Und die letzteren, die Scope 3-Emissionen, die würden wir allerdings nicht dazurechnen, wenn es um die Klimaneutralität des Unternehmens geht, weil das relativ weit ginge. Das ist ja auch eine unabhängige Person, die Autofahrerin, dass man das dann nicht dem Unternehmen zurechnet.
Sondern unser Vorschlag, klimaneutrale Gesellschaft, bezieht sich auf die Scope 1 und die Scope 2-Emissionen. Es gibt zwei Emissionen, weil man den Energieverbrauch selber in der Hand hat. Man kann auch grüne Energie aus erneuerbaren Energien sozusagen einkaufen, um dadurch klimaneutral zu werden.
Könnte dann eine Raffinerie zum Beispiel, angenommen die Raffinerie GmbH möchte dieses Label führen, die raffiniert, also Erdöl, sie selbst erzeugt dabei vielleicht gar nicht so viele Emissionen, aber das Benzin, was da erzeugt wird, damit fährt dann jemand rum. Das würde dann bei ihr gar nicht mit eingezogen werden.
Das ist ein sehr guter Punkt, den haben wir am Schluss noch berücksichtigt in dem Gutachten. Um da die Verbraucherinnen nicht irre zu führen, haben wir tatsächlich noch aufgenommen als weitere Voraussetzung für klimaneutrale Unternehmen, dass die Produkte, mit denen das Unternehmen handelt, dass die überwiegend klimaneutral sein müssen.
Das heißt, ein Intermediär, ein Zwischenhändler, der fossile Brennstoffe zum Beispiel handelt, selbst wenn er sozusagen selbst die Büroräume und so weiter klimaneutral hat, aber seine Produkte sind es nicht, dann darf er diese Rechtsform nicht führen. Die Raffinerie also, um im Beispiel zu bleiben, auch nicht.
Sehr, sehr, sehr spannend. Ich finde diesen Vorschlag besonders reizvoll. Du weißt ja, dass ich mich sehr stark mit der Gesellschaft mit gebundenem Vermögen beschäftige und da kann ich, also ich finde das ausgesprochen spannend, gerade deswegen, weil man deinen Vorschlag mit allen Unternehmen kombinieren kann, auch vielleicht einmal mit einer Gesellschaft mit gebundenem Vermögen.
Also gewissermaßen, dass man verschiedene Ziele damit verfolgen kann und im Grunde, dass die gesamte Bandbreite unserer Unternehmensformen damit abdecken kann. Das finde ich einen sehr, sehr spannenden Vorschlag.
Ja, vielen Dank. Ja, wir hoffen damit auch, dass es attraktiv ist eben für viele, gerade auch für kleine Unternehmen. Deswegen auch keine Beschränkung jetzt nur auf die Großunternehmen. Und natürlich, das könnte man sehr gut kombinieren mit dem gebundenen Vermögen.
Dann wäre es sozusagen besonders nachhaltig, nämlich auch noch im zeitlichen Sinn und wenn das Vermögen sozusagen nicht als Gewinn ausgeschüttet wird. Also das wäre eine denkbar interessante Kombination jedenfalls, ja.
Hast du vielleicht Einschätzung aus der Praxis oder eine Vorstellung davon oder überhaupt eine Idee, Forschung dazu gibt es ja im Moment noch nicht, wie viele Unternehmen bereit sein könnten, eine solche Rechtsform oder einen Zusatz anzustreben?
Ich glaube, das würden sehr viele interessant finden. Gerade vor allem so Dienstleistungsunternehmen, die damit auch Arbeitskräfte anziehen wollen im Kampf um Arbeitskräfte, weil es eben ein sehr attraktives Label ist. Und wenn das staatlich vermittelt ist, auch seriös.
Und ich glaube, der Aufwand, es zu erreichen, ist relativ überschaubar. Wenn die Unternehmen ohnehin schon bilanzieren, muss dann so eine Wirtschaftsprüfung durchlaufen. Aber das ist, glaube ich, überschaubar vom Aufwand.
Und wenn man einmal den Status hat und dann normalerweise, wenn man nicht gerade die Produktion erweitert, auch hält, Dann kann man den ja auch beibehalten.
Sehr gut, also vielleicht haben wir demnächst Gesellschaften, die klimaneutral sind und auch als solche firmieren.
Und was an diesem Vorschlag auch deswegen noch besonders spannend ist, ist es im Grunde wieder ein privat autonomes Instrument, weil es freiwillig gegriffen werden kann.
Genau, muss niemand diesen Zusatz führen, es muss sich niemand diese Extra-Regularien unterwerfen, es ist freiwillig, ganz genau.
Okay, dann haben wir schon zwei sehr interessante Maßnahmen diskutiert. Wir haben aber noch eine dritte. Und zwar geht es hier um die Corporate Governance, also um die Unternehmensführung. Da hast du auch verschiedene Maßnahmen vorgeschlagen. Vielleicht kannst du da mal ein bisschen erläutern.
Genau, das knüpft natürlich an die klassische Debatte der Corporate Governance an und du hast dich ja dazu auch habilitiert zur Nachhaltigkeit im Unternehmen mit der Corporate Governance Struktur und das greift jetzt einzelne Bausteine sozusagen der Corporate Governance heraus, um sozusagen eine Feinjustierung vorzunehmen. Da wird Verschiedenes diskutiert.
Wir schlagen vor, dass die Expertise im Aufsichtsrat sozusagen um eine Klimaexpertise erweitert wird. Aber jetzt nicht jedes Mitglied, sondern die Gesamtheit des Aufsichtsrates. Da muss eine Klimaexpertise vorhanden sein.
Das genügt also, wenn bei verschiedenen Mitgliedern etwas Expertise vorhanden ist. Und das Ganze ist eben wichtig, um diese Transformation auch kompetent begleiten zu können aus Sicht des Aufsichtsrats.
Was würdest du sagen heißt Expertise? Also was müssen die Aufsichtsratmitglieder mitbringen?
Das kann Verschiedenes sein. Nein, das kann sozusagen die Nachhaltigkeitsberichterstattung sein, die jetzt mit der CSRD schon eingeführt wird und die die Wirtschaftsprüfer auch schon abfragen in ihren Examina. Dann bilden sich gerade neue Studiengänge raus mit Sustainability, wo das eine Rolle spielen kann.
Der Markt wird auch Standards etablieren, was da darunter fällt. Also da habe ich keine Zweifel, dass sich da recht schnell eine gewisse Best Practice, was das ist, daraus bildet.
Also an alle die, die jetzt schon die Vorlesung des Recht der nachhaltigen Wirtschaft besuchen.
Oder die Vorlesung des Nachhaltigkeits- und Gesellschaftsrechts in Bielefeld.
Richtig, entweder in Bielefeld oder in Halle. Da schon mal die Aussicht, dass die Expertise dann vorhanden ist und man dann als Aufsichtsratsmitglied anfangen kann. Genau. Sehr schön. Gut, neben dem Aufsichtsrat, was haben wir denn noch so im Unternehmen, wer da noch Verantwortung haben könnte für Klima?
Also es gibt noch zwei große Organe natürlich. Einmal der Vorstand, die Geschäftsleitung und das andere ist die Hauptversammlung. Für den Vorstand werden auch viele Maßnahmen diskutiert. Wir haben davon allerdings in dem Gutachten dann keine aufgegriffen, obwohl die Vorschläge interessant sind.
Ich darf sie vielleicht kurz skizzieren. Also vorgeschlagen wird, § 76 Aktiengesetz, wo steht im Prinzip, dass der Vorstand unter eigener Verantwortung die Gesellschaft leitet, hier eine Ergänzung vorzunehmen, dass er das unter Beachtung der Nachhaltigkeit tun solle. Das Problem ist, wenn man diese Vorschrift ergänzt, ist dann, dann hat man sozusagen ein Abwägungsproblem bei allen Leitungsentscheidungen im Vorstand.
Das mag bei wichtigen Produktionsstandardentscheidungen richtig sein und wird glaube ich auch schon befolgt in der Praxis, dass man die Nachhaltigkeit hier in die Abwägung mit einstellt. Aber es mag das Tagesgeschäft dann, Stichwort Bürokratie, dann doch belasten, wenn es bei jeder Entscheidung so ist.
Also wenn man zum Beispiel darüber entscheidet, welches Essen in der Kantine serviert wird, darf da jetzt noch Fleisch dabei sein, obwohl es Methan intensiv hergestellt wird, also auch ein Treibhausgas. Muss das da abgewogen werden oder nicht? Und wir fanden, das ist dann zu kleinteilig und bringt auch dem großen Ziel letztlich der Klimaneutralität nichts.
Die Klimagruppe hat den Vorteil, man setzt sich ein Jahresziel und erreicht das zum Beispiel mit einem großen Schritt, Auch wenn man dann die vielen kleinen Schritte, Stichwort Kantinenessen, dann nicht jedes Mal in die Abwägung mit der Klimaneutralität einführen muss. Deswegen haben wir uns gegen die Übernahme dieses Vorschlags aus der Literatur entschieden.
Es gibt da ja auch immer die Befürchtung, gerade aus der Praxis, dass man nur zusätzliche bürokratische Pflichten kreieren könnte, dass man viele Sachen aufschreiben muss oder auch zusätzliche Haftungsrisiken kreieren könnte für die Vorstände, die davor gewisse Scheu haben, ohne dass nachher wirklich etwas dabei rauskommt sozusagen.
Genau, das sind weitere Gesichtspunkte, ganz genau. Deswegen haben wir das nicht aufgegriffen, um hier die Bürokratie jetzt keinen Vorschub zu leisten in der Hinsicht. Aber auch dieser Vorschlag wird sicher auf dem Juristentag diskutiert, liegt ja von anderer Seite her vor und es gibt auch sicher Gründe, das so zu tun.
Im Ausland gibt es ein paar Rechtsordnungen, Frankreich, Österreich zum Beispiel, die das haben und da funktioniert es ja auch.
Gut, dann hast du gesagt, die Hauptversammlung müssten wir auch noch mit einbeziehen. Gibt es da auch noch Vorschläge?
Genau, die Hauptversammlung, damit die Aktionäre. Und da kommt auch wieder interessante Inspiration sozusagen aus dem internationalen Kontext. Vor allem in den USA gibt es sogenannte Shareholder Resolutions, die von klimaaktivistischen Aktionären vor allem eingebracht werden oder klimafreundlichen Aktionären. Und da geht es darum, dass die Hauptversammlung gerne mitreden möchte bei der Klimatransformation des Unternehmens.
Das ist das sogenannte Say on Climate. Wenn ich dich kurz unterbrechen darf, wir haben dazu schon mal einen Podcast gemacht. Anne Sanders hat uns da schon einiges berichtet und wir verlinken noch die Folge. Hört am besten auch mal rein, dann bekommt ihr noch weitere Hintergründe.
Genau und wir haben damals nämlich gesagt, dass das in Deutschland gar nicht so einfach ist derzeit, weil im Grunde in Deutschland vor allen Dingen der Vorstand der starke Mann oder die starke Frau ist und die Hauptversammlung da eigentlich wenig zu sagen hat. Aber nach deinen Vorschlägen, Marc, soll das jetzt anders werden, oder?
Ganz genau. Das Problem ist tatsächlich, dass wir ja ein zweiteiliges Management-System haben. Das Vorstand, Aufsichtsrat und dann erst die Hauptversammlung. Und letztlich der Aufsichtsrat, die Vertretung der Aktionäre ist.
Und deswegen die Hauptversammlung eigentlich, wie soll man sagen, nichts zu sagen hat in Geschäftsführungsangelegenheiten. Sagt § 119 Aktiengesetz ja auch. Und selbst bei sogenannten Konsultativbeschlüssen ist es ein bisschen umstritten, die rechtliche Zulässigkeit und Belastbarkeit solcher Beschlüsse.
Und da schlagen wir jetzt vor, dass man das präzisierend ergänzt im Aktiengesetz, dass solche konsultativen Say-on-Climate-Beschlüsse auch zulässig sind.
Was bedeutet konsultative Beschlüsse? Vielleicht kannst du das nochmal kurz erklären.
Ja, da gibt es ein Regelungsvorbild, das ist das Say on Pay. Da geht es um das Votum der Hauptversammlung über das Vergütungssystem des Vorstandes. Es ist ein nicht bindendes Votum der Hauptversammlung, deswegen konsultativ.
Man fragt sozusagen die Hauptversammlung beratend, was haltet ihr davon? Aber natürlich hat es eine de facto Ausstrahlungswirkung, das Ergebnis dieser Abstimmung. Das heißt, der Vorstand, der ein zustimmendes Votum erhält, kann sich bestätigt fühlen in seinem Kurs. Genau, also die Konsultativbeschlüsse sind Beschlüsse der Hauptversammlung.
Die eben nicht bindend sind für den Vorstand, sondern die nur sozusagen eine beratende, die Hauptversammlung sollte ja eine beratende Funktion haben. Der Gedanke ist angelehnt an das Sayon Pay, wo wir schon solche Konsultativbeschlüsse haben. Aber sie binden natürlich, sie haben eine de facto Ausstrahlungswirkung.
Das heißt, der Vorstand fühlt sich ermuntert, wenn er ein Zustimmungsvotum für seine Klimapolitik erhält. Und umgekehrt kann die Hauptversammlung auch Beschlüsse initiieren. Sie kann auch sozusagen Vorschläge einbringen pro Klimaschutz und den Vorstand damit anregen, auf dem Weg voranzugehen.
Das heißt aber, wenn man ein solches Instrument einführt, heißt das aber noch lange nicht, dass die solche Beschlüsse auch gefasst werden. Also wenn die Aktionäre letztlich kein Interesse am Klimaschutz haben, dann werden sie auch diese Beschlüsse nicht fassen.
Also Demokratie hilft eben nur sozusagen die Meinung der Aktionäre zum Tragen zu bringen, die sie auch haben. Also wenn sie jetzt alle sagen, wir wollen lieber Geld statt Klimaschutz, dann hilft das auch nicht, das Instrument, oder?
Das stimmt. Das ist natürlich die Kehrseite. Das kann auch rauskommen, dass die Aktionäre lieber die Dividende wollen anstatt die Investitionen ins Klima. Allerdings, und deswegen ist es natürlich auch wichtig, ist es nur ein konsultativer Beschluss.
Er ist also nicht bindend. Das heißt, der Vorstand, der trotzdem überzeugt ist, auf dem Weg des Klimaschutzes weiterzugehen, kann das tun. Er ist dann nicht gezwungen, davon Abstand zu nehmen. Deswegen ist es sozusagen ein Say on Climate und kein Decide on Climate.
Sehr, sehr spannend. Das ist ja dann auch wichtig, um gewissermaßen die die Kompetenzordnung des Aktienrechts nicht zu sehr auseinander zu verändern, indem es eben nur beratende Funktionen hat.
Ganz genau, das kommt noch dazu sozusagen. Wir wollen ja nicht jetzt das gesamte Aktienrecht auf den Kopf stellen, sondern das sind ja eigentlich kleine invasive Eingriffe, die wir hier vorschlagen oder Ergänzungen, die wir vorschlagen. Und genau in die Kategorie zählt auch das Silent Climate.
Ich glaube, es passt auch in die Zeit. Die Aktionäre sind insgesamt interessierter an der Beteiligung, wollen auch gesellschaftspolitisch Werbung machen mit ihrer Nachhaltigkeitsstrategie. Viele der Aktionäre der Fonds, die da anlegen und da ist dieses Instrument wohl dosiert und passt rein, ohne das Aktienrecht auszuhebeln.
Das sind auf jeden Fall viele spannende Vorschläge und wir sind schon sehr gespannt auf die Diskussion beim DOT. Wie würde es denn jetzt weitergehen? Nehmen wir mal an, du kannst jetzt beim DOT überzeugen mit deinen tollen Vorschlägen und der Gesetzgeber wird jetzt tätig.
Was würde dann passieren? Wurde dann der normale Gesetzgebungsprozess in Gang gesetzt oder wie ist da typischerweise der Ablauf nach dem DOT?
Genau, also für den Fall, dass die Vorschläge teilweise….