IMR9527. Jul 21
IMR095: Deine Prüfungstage und ihre Vorbereitung (+mündliche Prüfung) | Examens-Spezial-7

IME - Irgendwas mit Examen

IMR095: Deine Prüfungstage und ihre Vorbereitung (+mündliche Prüfung) | Examens-Spezial-7

Prof. Dr. h.c. Barbara Dauner-Lieb, Professor | Universität zu Köln

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Über diese Episode

Folge 95 Deines Jurapodcasts zu allen Karriere- und Examensthemen

Prüfungstage - schriftliche Klausur - mündliche Prüfung - Prüfungsvorbereitung - Routinen im Examen - Bewegung vor Klausuren - Oberlandesgericht Köln - psychologische Tipps - Zwischen den Klausuren - Prüfungsprotokolle - Prüferverhalten - Prüfungsstil - Blackout im Examen - Sachverhaltsanalyse - Anspruchsgrundlagen - Grundrechte - § 1004 BGB - Zivilrecht - öffentliches Recht - Examenschance

In Teil 7 des Examensspezials dreht sich alles um Eure Klausurtage. Wir beleuchten hierbei wie gewohnt mit Prof. Dauner-Lieb, wie Ihr die Woche vor Euren Klausuren sowie die Klausurerfahrung selbst optimal angeht. Wir sprechen über den Wert von Routinen am Vortrag der Klausur - und wie diese aussehen sollte. Hört, wie Ihr ein Prüfungsprotokoll tatsächlich lesen müsst: Dabei geht es weniger um den Inhalt der Prüfung als um eine Beschreibung des Prüfers sowie des jeweiligen Prüfungsstils. So könnt Ihr entnehmen, welche Interessengebiete der Prüfer hat und wertvolle Informationen über das Temperament des Prüfers erhalten. Zudem bekommt Ihr Tipps und Tricks, wie Ihr im Ernstfall auch einen etwaigen Blackout meistert: Was tun, wenn man vermeintlich auf einen Sachverhalt trifft, den man noch nie gesehen hat? Wie kann man vermeiden, in Panik zu verfallen? Hört rein, damit Ihr am Ende des Tages mit Prof. Dauner-Lieb sagen könnt: “Unbekannte Klausuren sind eine riesige Chance: Wenn Sie nach drei Minuten mit kühlem Kopf sagen können: Niemand hier im Raum hat schon mal eine Lösung zu diesem Fall gesehen und ich kriege das in den Griff – dann läuft es eigentlich ganz gut.” Viel Spaß mit der neuen Folge Eures Jura-Podcasts und viel Erfolg für Eure anstehenden Prüfungen!

Kapitel:

  • 00:46 - Intro
  • 01:19 - Der Vortrag des Klausurtags
  • 03:30 - Kleidung für die Klausur
  • 05:52 - Glücksbringer
  • 07:52 - Marathon statt Sprint
  • 09:55 - Blackouts meistern
  • 14:31 - Mündliche Prüfung
  • 18:15 - Bei mdl. Prüfungen zuschauen
  • 19:17 - Prüfungsprotokolle

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Zu Gast

Barbara Dauner-Lieb

Barbara Dauner-Lieb

Kapitel

  • 00:00:46.653Intro
  • 00:01:19.712Der Vortrag des Klausurtags
  • 00:03:30.639Kleidung für die Klausur
  • 00:05:52.297Glücksbringer
  • 00:07:52.446Marathon statt Sprint
  • 00:09:55.903Blackouts meistern
  • 00:14:31.958Mündliche Prüfung
  • 00:18:15.022Bei mdl. Prüfungen zuschauen
  • 00:19:17.916Prüfungsprotokolle

Über Universität zu Köln

Die Uni Köln ist Deutschlands größte juristische Fakultät. Sie zeichnet sich durch mehrfach ausgezeichnete Lehre und juristische Forschung aus. IMR verbindet mit der Uni Köln ein besonderes Verhältnis, denn der Podcast startete hier im Jahr 2018 unter der Leitung von Prof. Dr. Dr. h.c. Dauner-Lieb. Prof. Dauner-Lieb engagiert sich zudem seit Jahrem im Rahmen des Examenspodcasts Irgendwas mit Examen, der Teil von IMR ist. Dort erhaltet Ihr sowohl im Zivil- als auch im Strafrecht einen kontinuierlichen kostenfreien Examenskurs in Podcast-Form.

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Die mündliche Prüfung ist kein Abfragen, sondern ein Gespräch auf Augenhöhe, bei dem man gemeinsam über etwas nachdenkt. Wer das versteht, hat einen großen Schritt nach vorne gemacht.

Sneak Peak – Q&A mit Barbara Dauner-Lieb

Transkript

KI-basiert und kann Fehler enthalten.

0:00 Min
Marc Ohrendorf:

Diese Episode wird euch präsentiert von Glade Michel Wirz. Wie man es weit bringen kann, ohne nach oben zu buckeln und nach unten zu treten? Werde Teil des Teams von Glade Michel Wirz aus Düsseldorf und lerne die einzigartige Teamkultur der führenden Kanzleiboutique kennen. Glade Michel Wirz ist international in den Bereichen Corporate und Competition sowie Litigation und Compliance in der Marktspitze aktiv.

1:00 Min
Marc Ohrendorf:

Mit Leidenschaft, Teamplay, Spaß an der Sache, einem modernen und flexiblen Arbeitsumfeld sowie einer gezielten Förderung für echte Partnerchancen. Wenn ihr es weit bringen wollt, ohne Ellenbogenmentalität, dann bewerbt euch auf gmw-career.com. Ihr findet den Link auch nochmal in den Shownotes und ebenso das Arbeitgeberprofil für auf LTO Karriere.

1:00 Min
Marc Ohrendorf:

Vielen Dank an Glade Michel Wirz und nun viel Spaß mit dieser Folge von Irgendwas mit Recht. Herzlich willkommen zu einer weiteren Episode Irgendwas mit Recht, heute erneut mit einem Examens-Spezial und davon auch mittlerweile schon Folge 7. In diesem Podcast, der in Zusammenarbeit mit LTO und LTO Karriere erscheint, spreche ich auch heute wieder mit Frau Prof.

1:00 Min
Marc Ohrendorf:

Dana Lieb. Hallo.

1:17 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Hallo, ich freue mich.

1:19 Min
Marc Ohrendorf:

Frau Professor, heute sprechen wir mal über den Prüfungstag. Genauer müsste man sagen über die Prüfungstage. Nämlich einmal wollen wir uns den Tag der schriftlichen Klausuren anschauen. Hier in NRW sechs Tage, an denen man diese schreibt.

1:00 Min
Marc Ohrendorf:

Und dann nochmal zusätzlich in Anschluss an unsere Episode zur mündlichen Prüfung, die wir schon mal miteinander aufgenommen haben, auch nochmal den Tag der mündlichen Prüfung. Aber fangen wir vorne an. Wenn ich die Klausur schreibe, was sollte ich da beachten in der Vorbereitung auf diesen Tag?

1:53 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Zunächst einmal sollte der Vortag möglichst stressfrei sein. Der Klausurtag, der dann kommt, ist Stress und Belastung genug. Am Vortag sollte man sich meines Erachtens ausgiebig an der frischen Luft bewegen oder schwimmen oder einen schönen Kinofilm sehen.

1:00 Min
Barbara Dauner-Lieb:

möglichst beides, etwas essen, was gut schmeckt, aber möglichst nicht geeignet ist, den Magen zu verderben. Das ist mir passiert vor der Klausur. Ich habe einen Gurkensalat gegessen und mir war ganz entsetzlich schlecht.

1:00 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Das ist keine gute Grundlage. Und dann sollte man sich alles zurechtlegen, nachmittags schon, was man braucht, seine Stifte nochmal testen, seine Gesetze nochmal angucken. Es sollte seinen Wecker stellen, es sollte alles so sein, dass man am nächsten Morgen in Autopilot stellen kann.

1:00 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Überlegen, wie man da hinkommt, überlegen, ob mit Auto oder mit Straßenbahn, ob man sich fahren lässt, kurzum überlegen. Es sollte alles wirklich minutiös geplant sein und man sollte möglichst den Ort, wo man schreibt, schon gesehen haben. In Köln ist das das wunderschöne Oberlandesgericht, aber die Prüfungssäle sind in den nicht so schönen Ecken, nämlich oben in der vierten Etage.

1:00 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Das kann man alles vorher schon mal besichtigen. Das sollte man alles vorher gemacht haben, damit man nicht im Augenblick von irgendetwas überrascht wird, was das Gleichgewicht beeinträchtigen könnte.

3:20 Min
Marc Ohrendorf:

Das heißt, es geht um Routinen, dass es sich so ein bisschen normal anfühlt.

3:23 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Ja, normal und eben kontrolliert und vorbereitet. Man sollte das Gefühl haben, diesen Teil hat man im Griff.

3:30 Min
Marc Ohrendorf:

Eine Freundin von mir hat damals irgendwann auf Social Media mal ein Bild gepostet, wo für jeden Tag ein Kostüm bereit hing und darunter lagen Ersatzstifte und Textmarker und das hat sie dann morgens gegriffen und ist zur Klausur. Großartig. So was meinen Sie, oder?

3:47 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Sowas meine ich, abgesehen davon, dass man für die Klausur natürlich professionelle Kleidung nur tragen sollte, wenn einem das ein Gerüst gibt. In der Klausur darf man auch lässig erscheinen, in der mündlichen Prüfung muss man sehr professionell gekleidet sein.

1:00 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Das Wichtigste ist bei der Kleidung, sie kratzt nicht, sie zwickt nicht. Man kann was ausziehen, wenn es zu heiß wird und man kann was anziehen, wenn es zu kalt wird. Ich rede nicht von Banalitäten, weil wenn plötzlich die Fenster den ganzen Vormittag offen bleiben sollte, dann sollte man nicht dauernd sagen, mir ist jetzt zu kalt.

1:00 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Also all die Dinge sollte man überlegen. Braucht man einen Müsli-Riegel oder Traubenzucker und da hat jeder so seine eigenen Routinen. Getrocknete Pflaumen, ganz großartig. Was nehme ich mit zum Trinken, ohne dass es schlabbert? Vielleicht noch eine Papierserviette.

1:00 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Also man kann sich das unendlich ausmalen. Wichtig ist, dass man sich gut und sicher vorbereitet fühlt auf die Dinge, um die man sich dann nicht kümmern sollte.

4:43 Min
Marc Ohrendorf:

Und dass man sich vielleicht auch vorher mal mit Kommilitonen unterhält, die das schon gemacht haben, weil jedes Prüfungsamt dann doch so ein bisschen ja seine Eigenarten hat, beziehungsweise jedes Oberlandesgericht ein bisschen anders ist, dass man sich von denen schon mal beschreiben lässt, wie läuft so ein Tag eigentlich ab?

4:58 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Ja, das wäre gut, dass man weiß, das Handy muss man abgeben. Dass man weiß, dass irgendeine internetfähige Uhr auch nicht erlaubt ist, dass man bitte nicht einmal den Gedanken fassen könnte, dass man noch eine zweite Uhr in der Tasche hat, nachdem man die erste aufgegeben hat. Das ist einfach viel zu gefährlich, man wird immer erwischt.

1:00 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Also wirklich mit anderen nochmal drüber reden, die werden einem dann auch Dinge sagen, wie dass der Wachtmeister eigentlich immer ganz außerordentlich freundlich ist, dass niemand ihnen an diesem Tag was Böses will, dass man aber beispielsweise ertragen muss, wenn plötzlich Straßenlärm losgeht, da kriegt man nicht plötzlich eine Verlängerung. Also man muss mit allem rechnen.

1:00 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Wenn man im Sommer schreibt, muss man in der vierten Etage in Köln mit Hitze rechnen, im Winter muss man mit Kälte rechnen, mit Lärm muss man immer rechnen, Aber eigentlich ist das alles kalkulierbar und andere können einem da die Erfahrungen schildern.

5:52 Min
Marc Ohrendorf:

Da fällt mir gerade ein, das kann ich hier vielleicht mal kurz erzählen. Ich wurde in meiner ersten Klausur damals auch hier in Köln am Oberlandesgericht ganz kurz mal, naja, wie soll man sagen, fast eines Täuschungsversuchs bezichtigt. Und zwar kam der Metalldetektor, man muss da aufstehen, dann kommt der Wachtmeister rein und scannt einen nochmal ab.

1:00 Min
Marc Ohrendorf:

Und ich hatte in meiner Hosentasche einen Glücksbringer dabei, der aus Metall war und das hat gepiepst. Und ich dachte so, haja, hast du jetzt doch vergessen, dein Handy rauszuholen oder nicht? Und es war dann zum Glück nur dieser Glücksbringer, ich durfte ihn auch behalten und dann die Klausur schreiben.

1:00 Min
Marc Ohrendorf:

Aber das hätte ich mir sparen können, diese Aufregung kurz vorher und auch für alle anderen.

6:30 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Ja, aber man darf auch ein Plüschtier mitbringen, wenn man das will. Also Glücksbringer ist okay. Es gibt eine Menge psychologische Methoden, die sagen, wenn man irgendetwas hat, was einen beruhigt, einen Stein, ein Bild von jemand. Es ist alles erlaubt, außer pushen. Das ist natürlich nicht erlaubt und das Handy ist das, was gar nicht geht.

6:52 Min
Marc Ohrendorf:

Das heißt, am Vortag zur Klausur nicht unbedingt lernen, eher mal ein bisschen runterfahren und sich sozusagen konzentrieren.

7:01 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Ja, da gibt es verschiedene Philosophien. Also es gibt Menschen, die sagen, man soll sogar die ganze Woche vorher nicht mehr lernen, das hält man nicht durch. Man kann auch am Vortag nochmal eine Stunde, was weiß ich, fünf Karteikarten durchgucken.

1:00 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Was man nicht mehr tun sollte, ist zu versuchen, sich etwas Neues reinzuziehen. Oder irgendetwas zu verstehen, was man die letzten zwei Jahre im Examenskurs nicht verstanden hat. Also nichts, was einen beunruhigt und nichts, was einen anstrengt.

1:00 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Wenn es einen beruhigt, einfach nochmal ein bisschen durch die Notizen zu gehen, ist okay. Okay, aber die anderen Dinge dürfen nicht leiden und ich beharre meines Erachtens auch, die Bewegung sollte nicht fehlen, weil die Bewegung eine gewisse Wahrscheinlichkeit bringt, dass man halbwegs vernünftig schläft.

1:00 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Weil wenn man die ganze Nacht vorher nicht geschlafen hat, dann ist man schon unfit am ersten Tag und es ist eine ziemlich lange Strecke.

7:52 Min
Marc Ohrendorf:

Ja, es ist ein Marathon, den man da auch laufen muss.

7:54 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Ja, genau.

7:55 Min
Marc Ohrendorf:

Denn man hat ja auch nicht nur die sechs Klausurtage, sondern auch die Tage dazwischen regelmäßig, dann auch ein Wochenende logischerweise. Und das kann auch ganz gut aufs Gemüt schlagen.

8:05 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Ja, da gilt wieder Bewegung und gute Freunde. Also man sollte diese Zwischentage nicht völlig allein verbringen, meine Meinung. Man sollte mit Menschen zusammen sein, die nicht zusätzlich dramatisieren, also nicht mit Leidensgenossen, mit denen man dann gegenseitig austauscht, was man angeblich alles falsch gemacht hat, sondern man sollte überlegen, wer oder was tut mir gut, Gut, was lenkt mich ein bisschen ab? Und Bewegung.

1:00 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Einfach Bewegung, weil dann schläft man besser und das hält man dann auch durch.

8:38 Min
Marc Ohrendorf:

Weil Sie gerade die Leidensgenossen ansprechen. Es gibt ja so Kolleginnen und Kollegen, die nach der Klausur gerne alles auseinandernehmen und darüber sprechen. Ich war immer eher von der Sorte, dass ich gesagt habe, um Gottes Willen, schnell weg hier, denn nach der Klausur ist das Wichtigste die nächste Klausur und da will ich mich jetzt nicht aus der Ruhe bringen lassen.

1:00 Min
Marc Ohrendorf:

Wie sehen Sie das?

8:56 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Auf keinen Fall mit anderen, die die Klausur geschrieben haben, sprechen. Niemand kann beurteilen, worum es wirklich ging. Ganz bestimmt nicht. Und schon gar nicht, wer wie bewertet ist und das Schlimmste ist, wenn der eine dann noch sagt, ja, also das habt ihr ja alle gar nicht gesehen, ja, da war doch das Problem des dreimal um den Schornstein gewickelten Rabenschwanzes, wenn man das nicht gekonnt hat, ist man durchgefallen.

1:00 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Gibt es immer einen. Oberschlauchen ist dann meistens nicht so gut, aber das bringt die Leute durcheinander. Meine Meinung, man kann es nicht beurteilen. Schwere Klausuren oder Klausuren über Dinge, die man nicht beherrschte, fallen so gut wie immer besser aus als Klausuren über Standardthemen.

1:00 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Also, Klappe zu, Augen zu, ab in die nächste. Dann wirklich lieber nochmal drei Karteikarten für den nächsten Tag wiederholen, aber nicht anfangen zu recherchieren, wie hätte ich diese Klausur hier lösen müssen. Man kann es nicht beurteilen, es raubt nur kostbare Energie.

9:56 Min
Marc Ohrendorf:

Dann lassen Sie uns noch mal ein kleines bisschen auf den Moment des Klausurschreibens eingehen. Wir haben hier schon ganz viel dazu gesagt, dass eine ordentliche Handschrift halbwegs wichtig ist. Man muss es zumindest lesen können.

1:00 Min
Marc Ohrendorf:

Wir haben schon viel zum Thema Zeiteinteilung gesagt. Das könnt ihr alles in den anderen Folgen nachhören. Juristische Arbeitstechnik, Methode und so weiter. Aber auf einen Punkt würde ich hier heute gerne nochmal eingehen.

1:00 Min
Marc Ohrendorf:

Und zwar, was mache ich eigentlich, wenn ich so gar keine Ahnung habe, was eigentlich gerade von mir gewollt ist? Also ich kriege den Sachverhalt, habe ihn gelesen, denke mir, scheiße, was jetzt?

10:32 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Also, meistens enden die Aufgabentexte heutzutage ja mit einer Frage. Irgendjemand will was. Dann ist mein Rat, wenn Ihnen zunächst mal gar nichts einfällt, überlegen Sie mal, wenn Sie derjenige wären, der das jetzt will, was würden Sie eigentlich machen und an was würden Sie denken? Wenn Sie Selbstbetroffenheit erzeugen, fallen Ihnen Argumente ein und die führen Sie an das Problem rein.

1:00 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Und dann sind sie eigentlich schon ganz nah an der Frage der Anspruchsgrundlage. Zur Not muss man die mal durchchecken. Also, mal ein blöder Fall, der aber demnächst kommen wird.

1:00 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Über dem Haus des X schwebt eine fotografierende Drohne. Die stört mich, die brummt und außerdem fühle ich mich in meinem Privatleben gestört. Was kann ich tun? So, da muss man einen Augenblick überlegen.

1:00 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Und eigentlich dämmert es, es ist klar, irgendwann muss der 1004 ja kommen. Wenn ich was beseitigen will, dann muss ich das weghaben. Aber das ist nicht so einfach.

1:00 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Nur niemand erwartet, dass sie dann was Perfektes absondern, sondern sie müssen halt überlegen, was kann man machen. Ich glaube, ich kann das hier machen. Ich hatte in meinem zweiten Staatsexamen eine Fallgestaltung, es dauert eine Minute länger, aber es lohnt sich, sie zu erzählen, die wirklich vollkommen ungewöhnlich war.

1:00 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Sie merken schon, das war Ende der 70er, Anfang der 80er. Eine junge Studentin engagiert sich in der falschen Gruppe, wird plötzlich im Libanon ausgebildet als palästinensische Kämpferin. Dort wird sie von israelischen Soldaten aufgetrieben, nach Tel Aviv in ein Gefängnis gebracht und sitzt da.

1:00 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Und ihre Eltern klagen gegen den Bundesaußenminister, ihre Tochter da rauszuholen. So, erste Klarheit, das kann wohl nicht vorm Amtsgericht Gummersbach laufen.

12:35 Min
Marc Ohrendorf:

Ja.

12:37 Min
Barbara Dauner-Lieb:

So, wo könnte das stattfinden? Ja, eigentlich nur irgendwo hoch in der Gerichtsbarkeit. Zweitens, es wird kaum Gesetze dafür geben. Also das Ganze lief nachher auf Grundrechte hinaus.

1:00 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Und wer das gefunden hatte, der war schon drüber. Und das fiel eigentlich dann ganz gut aus. Aber die Leute waren natürlich völlig verzweifelt. Das hilft nichts, dann müssen sie zaubern.

1:00 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Ich erinnere mich, dass irgendwo in meinem Text der Satz stand, wer in Gefahr begibt, kommt darin um und kann nicht erwarten, dass die Bundesregierung ans Ende der Welt reist, um mich zu befreien. Das war damals wahrscheinlich noch richtig, heute ist das gar nicht so sicher, weil es jetzt eine Entscheidung gibt, da hat sich irgendeine NGO-Dame in Pakistan in gefährliche Gebiete bewegt.

1:00 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Nein, aber was ich sagen will mit der Geschichte, eigentlich sind solche Klausuren eine Chance, weil wenn Sie nach drei Minuten mit kühlem Kopf sagen können, niemand hier im Raum hat da schon mal eine Lösung gesehen, dann wird jeder gute Gedanke positiv bewertet. Also, Sachverhalt nochmal lesen, Selbstbetroffenheit herstellen, überlegen, wo können Regelungszusammenhänge sein und dann findet man schon etwas.

1:00 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Im Zivilrecht gibt es ohnehin keine Probleme, die man nicht unterbringt. Also die Gefahr ist eigentlich eher im öffentlichen Recht, dass man sagt, damit kann ich nun gar nichts anfangen. Aber das Wichtigste ist vor allen Dingen, dass Sie diese Wolke aus dem Kopf kriegen, dreimal Tiefluft holen, langsam lesen und mein nächster Rat ist dann immer, malen Sie den Sachverhalt.

1:00 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Erstens, es beschäftigt die Hand, zweitens führt Visualisierung zur Klärung und drittens, es zwingt Sie sich zu konzentrieren und tatsächlich den Sachverhalt wahrzunehmen. Malen Sie einen kleinen Film, zehn Minuten mit dem Häuschen und der Hypothek und der Abtretung, machen Sie Pfeile.

1:00 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Und wenn Sie das dann nochmal gemacht haben, haben Sie nach zehn Minuten Ihre Ruhe wieder und dann machen Sie weiter.

14:32 Min
Marc Ohrendorf:

Das habe ich jetzt gemacht. Ich habe meine sechs Klausuren hinter mich gebracht und die liefen auch mehr oder weniger ganz gut, hoffen wir mal. Jetzt steht die mündliche Prüfung an.

1:00 Min
Marc Ohrendorf:

Dazu haben wir schon hier relativ viel gesagt, aber weil wir, glaube ich, beide der Ansicht sind, dass da doch immer noch sehr viel mehr zu holen ist für viele Kandidatinnen und Kandidaten, lassen wir uns da noch mal ein kleines bisschen drauf eingehen. Und zwar auf diesem Prüfungstag an sich.

1:00 Min
Marc Ohrendorf:

Was ist der eine Fehler, den die meisten Prüflinge, die Sie in der mündlichen Prüfung sehen, machen? Was ist der häufigste Fehler? So rum müsste man eigentlich fragen.

15:07 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Dass sie nicht im JAG gelesen und nicht verstanden haben, dass die mündliche Prüfung von der Konzeption her kein Abfragen ist, sondern ein Gespräch auf Augenhöhe. Es mag sein, dass es andere Fälle gibt, aber es steht schon im Gesetz, dass ein Rechtsgespräch geführt werden soll.

1:00 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Und ein Gespräch heißt nicht, halten wir mal einen Vortrag, bringen Sie jetzt mal die ganzen Fakten. Sondern ein Gespräch heißt, gemeinsam über etwas nachzudenken. Und die meisten Prüflinge erwarten, dass man mit der Pistole auf der Brust sagt, jetzt spuck mal aus das und das.

1:00 Min
Barbara Dauner-Lieb:

So ist das aber nicht. Wenn die Prüflinge sich auf ihre Prüfer einstellen und die meisten Prüfer sind gutartig und prüfen so, dann müssen sie horchen, worüber will der mit mir eigentlich reden? Was soll ich dazu eigentlich beitragen? Gar nicht so sehr, was will der von mir wissen, sondern worüber will er wirklich mit mir nachdenken? Und wenn dieser Fehler behoben ist und wenn der Prüfling tatsächlich auf einen Tag der Gespräche eingestellt ist, ist er schon einen ganz großen Schritt weiter.

1:00 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Dann gibt er auch mir nicht Antworten zu Fragen, die ich nicht gestellt habe, sondern dann fängt er an, mit mir zu denken. Und dann ist alles gut.

16:27 Min
Marc Ohrendorf:

Man könnte ja so ein bisschen das wie aus dem Matheunterricht in der Schule vielleicht herleiten, dass man sagt, es kommt jetzt nicht darauf an, dieses eine Ergebnis schnell hinzuschreiben, sondern der Prüfer will auch so ein bisschen den Rechenweg sehen. Er will auch so ein bisschen sehen, was steckt dahinter. Wie denkt der oder die Jäger?

16:43 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Ja, natürlich. Und die Messleiter, die ich immer wieder erwähne, ist derjenige reif für den Vorbereitungsdienst. Man muss ja einfach sehen, unser System der Staatsexamen bereitet den Juristen auf einen juristischen Beruf vor. Und das erste Examen ist zwar ein wissenschaftliches Examen, aber eigentlich will man natürlich wissen, ob derjenige jetzt genug Grundlage hat, damit man ihn in den nächsten Abschnitt nämlich die praktische Ausbildung nehmen kann.

1:00 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Und das ist das, was wir Prüfer alle irgendwo im Bauch und im Herzen haben, dass wir sagen, naja, kann ich dem morgen eine Akte geben und sagen, mach dir mal Gedanken. Und das ist eben nicht, dass der was weiß.

1:00 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Der kann ja ab morgen auch in den Kommentar gucken, sondern dass der weiß, worum geht es eigentlich? Was ist ein Anspruch? Warum streiten sich Parteien? In welchem Rechtsgebiet streiten sie sich? Und das will man in der mündlichen Prüfung auch herausfinden. Man will nicht herausfinden, wie viele Köpfe hat ein Senat vom BGH, das wird leider manchmal auch gefragt.

1:00 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Aber eigentlich will man wissen, ob jemand verstanden hat, was ein Instanzenzug bedeutet, dass das nämlich mehr Rechtsstaatlichkeit bedeutet, dass nochmal überprüft wird und so weiter und so weiter. Und das muss man im Gespräch herausfinden.

1:00 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Die meisten Kandidaten, die nicht so gut zurechtgekommen sind, die haben sich selber irgendwie als Kopierautomaten gesehen, wo wir was fragen und dann kippen die uns das entgegen. Das ist nicht der Sinn der mündlichen Prüfung.

18:15 Min
Marc Ohrendorf:

Das kann ich mir ja auch vorher an vielen Oberlandesgerichten mal anschauen. Soweit ich weiß, gibt es das auch heute noch, dass man einmal hinten drin sitzen darf und so ein bisschen bei einer anderen mündlichen Prüfung zuschaut. Oft dann unter der Bedingung, dass man auch bei seiner eigenen mündlichen Prüfung Zuschauerinnen zulässt.

18:30 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Ja, in Corona-Zeiten leider nicht. Aber an sich ist das sehr wichtig, dass man das gemacht hat. Möglichst auch bei den Prüfern, die man selbst hat, weil man da nochmal sehr viel über die Art und Weise des Denkens lernen kann.

1:00 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Das wird aber in der Universität auch breit geprüft. Also Herr Rolfs und ich, wir machen sogenannte Simulationen. Das heißt, wir machen dann nur eine Stunde natürlich, nicht alle vier. Klausurenkurs macht sogar Probeprüfung, also Gesamtexamen, aber ich mache immer nur eine Stunde, wo man dann vier Leute so fragt und das kann man dann beobachten und man kann es auch mal üben.

1:00 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Und eigentlich ist das Wichtigste, dass man da gelassen reingeht, auch nicht zu schnell ist, sondern dass man mitdenkt. Und dann merkt man das schon, wie es geht.

19:18 Min
Marc Ohrendorf:

Und dann habe ich ja schon einen ersten Eindruck von meinem Prüfer, wenn ich den dort gesehen habe. Aber natürlich ist es auch häufig so, dass man vielleicht nur einen sehen kann oder man kennt seinen Prüfer doch noch nicht, den man dann haben wird.

1:00 Min
Marc Ohrendorf:

Also ist man angewiesen auf Protokolle. Ich weiß, Sie haben hier mal gesagt und denken das glaube ich auch immer noch, dass viele Protokolle falsch gelesen werden von Studierenden. Was meinen Sie damit?

19:42 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Also, das Protokoll gibt sehr begrenzt Aufklärung darüber, was der Prüfer inhaltlich wie tatsächlich prüft. Also wer das liest und hofft, da sind die Fragen drin, die dann nochmal gestellt werden, der wird enttäuscht werden. Die meisten Prüfer prüfen nie dieselben Fälle und wenn sie es tun, immer mit einer Variante.

1:00 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Ich kann einen und denselben Fall, da frage ich jemals aus einer anderen Perspektive, ist es wieder ein anderer Fall. Also falsch lesen heißt, ich erwarte, dass ich da Stoff entnehmen kann. Das können sie vergessen.

1:00 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Auch dieses, er ist protokollfest, ist eine Legende. Es gibt keine protokollfesten Prüfer in dem Sinne, das gab es früher vielleicht mal, Die denselben Fall, also die Bestechung der Lehrerin mit dem Pralinenkasten, den Blumen, der Handarbeit, das war nur jedes Mal ein anderes Geschenk, aber jeweils war es eine Bestechung. Das halte ich nach wie vor für eine Legende.

1:00 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Was man allerdings aus den Protokollen entnehmen kann, ist eine ganze Menge über die Interessengebiete des Prüfers, häufig bestimmt von seinem eigenen Tätigkeitsbereich, ein bisschen über das Temperament des Prüfers. Man muss einfach sehen, dass ein Finanzrichter, von Kraftberufes vielleicht etwas anders tickt als ein Familienrichter, einfach weil die andere Dinge zu tun haben und auch weil sie andere Vorlieben haben, dass man beispielsweise sehen kann, ob jemand sehr ruhig vorgeht oder schnell durch den Fall mehrere Probleme erörtern will.

1:00 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Das halte ich immer für besonders wichtig, dass man in einem Fach, wo jemand erkennbar gerne einen Fall sehr gründlich und langsam durchgehen wird, die im zweiten Satz bereits die richtige Lösung gibt. Dann hat man von der richtigen Lösung nichts, weil der ist stinksauer, dann muss er was anderes anfangen.

1:00 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Also ich betrachte Protokolle nicht als Auskunftsmaterial, was werde ich gefragt werden, sondern wie werde ich von wem ins Gespräch verwickelt werden und wie muss ich mein Gespräch von mir aus managen, damit das optimal mein Potenzial zum Leuchten bringt.

21:52 Min
Marc Ohrendorf:

Dann würde ich ja mal sagen, jede und jeder, der in Zukunft von Ihnen geprüft wird, hat hiermit ein kleines bisschen Einblick dahingehend jedenfalls erhalten, wie das abläuft und alle anderen glaube ich aber auch. Vielen herzlichen Dank.

22:07 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Dankeschön.

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