IMR2627. Okt 24
IME017: Eheliches Güterrecht, Zugewinngemeinschaft, Endvermögen, Lottogewinn, Unbenannte Zuwendungen

IME - Irgendwas mit Examen

IME017: Eheliches Güterrecht, Zugewinngemeinschaft, Endvermögen, Lottogewinn, Unbenannte Zuwendungen

Prof. Dr. h.c. Barbara Dauner-Lieb, Professor | Universität zu Köln

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Über diese Episode

In der 17. Episode von "Irgendwas mit Examen" by IMR hört Ihr erneut Prof. Barbara Dauner-Lieb zum Familienrecht. Gemeinsam werfen wir spannende Fragen rund um das eheliche Güterrecht auf: Was genau bedeutet der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft, und welche finanziellen Konsequenzen hat eine Heirat, wenn kein Ehevertrag geschlossen wurde? Warum ist es sinnvoll, bereits vor der Ehe über Geld zu sprechen, und welche Missverständnisse gibt es dabei häufig? Wie funktioniert der Zugewinnausgleich im Scheidungsfall, und warum wird Care-Arbeit innerhalb der Ehe rechtlich als gleichwertig mit der beruflichen Tätigkeit angesehen? Welche Rolle spielen Erbschaften und Schenkungen im Zugewinnausgleich, und warum schützt die Zugewinngemeinschaft besser als viele denken? Und schließlich: Wie wirken sich finanzielle Entscheidungen während der Ehe auf den Vermögensausgleich aus - und wann ist ein Ehevertrag wirklich nötig? Antworten auf diese und viele weitere Fragen erhaltet Ihr in dieser Folge von IMR. Viel Spaß mit dieser Folge Eures Jurapodcasts!

Inhalt:

  • 00:31 Wo wir stehen
  • 02:01 Eheliches Güterrecht
  • 05:09 Die Zugewinngemeinschaft
  • 07:20 Häufige Irrtümer über finanzielle Ehefolgen
  • 12:23 Grundlagen der Zugewinngemeinschaft
  • 26:57 Zugewinnausgleich in der Examensklausur
  • 34:04 Endvermögen
  • 37:02 Erbschaften und Anfangsvermögen
  • 41:29 Der Lottogewinn und die Zugewinngemeinschaft
  • 45:46 Unbenannte Zuwendungen unter Ehegatten

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Zu Gast

Barbara Dauner-Lieb

Barbara Dauner-Lieb

Kapitel

  • 00:00:31.337Wo wir stehen
  • 00:02:01.419Eheliches Güterrecht
  • 00:05:09.904Die Zugewinngemeinschaft
  • 00:07:20.068Häufige Irrtümer über finanzielle Ehefolgen
  • 00:12:23.236Grundlagen der Zugewinngemeinschaft
  • 00:26:57.927Zugewinnausgleich in der Examensklausur
  • 00:34:04.235Endvermögen
  • 00:37:02.351Erbschaften und Anfangsvermögen
  • 00:41:29.087Der Lottogewinn und die Zugewinngemeinschaft
  • 00:45:46.107Unbenannte Zuwendungen unter Ehegatten

Über Universität zu Köln

Die Uni Köln ist Deutschlands größte juristische Fakultät. Sie zeichnet sich durch mehrfach ausgezeichnete Lehre und juristische Forschung aus. IMR verbindet mit der Uni Köln ein besonderes Verhältnis, denn der Podcast startete hier im Jahr 2018 unter der Leitung von Prof. Dr. Dr. h.c. Dauner-Lieb. Prof. Dauner-Lieb engagiert sich zudem seit Jahrem im Rahmen des Examenspodcasts Irgendwas mit Examen, der Teil von IMR ist. Dort erhaltet Ihr sowohl im Zivil- als auch im Strafrecht einen kontinuierlichen kostenfreien Examenskurs in Podcast-Form.

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"
Man sollte sich das Gütterrecht vor dem (mündlichen) Examan zumindest kurz angeschaut haben, um sicher einen Zugewinnausgleich berechnen zu können. Mathematisch komplex wird es dabei nie.

Transkript

KI-basiert und kann Fehler enthalten.

0:10 Min
Marc:

Herzlich willkommen zu einer neuen Episode Irgendwas mit Examen mit Barbara Dauner-Lieb. Hallo Barbara.

0:15 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Hallo Marc.

0:17 Min
Marc:

Erstmal muss man, glaube ich, ein paar allgemeine Worte verlieren und auch mal euch, die hier zuhört, Danke sagen für die netten Zuschriften. Das motiviert immer total, hier auch weiterzumachen. Also behaltet das gerne bei.

1:10 Min
Marc:

Gebt uns fünf Sternchen, wo auch immer man das so machen kann im Internet und hört weiter zu. Das hilft wirklich auch. Und es hilft unter anderem dabei, sich näher mit dem Familienrecht zu beschäftigen.

1:10 Min
Marc:

Barbara, wo stehen wir da gerade?

0:42 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Also, wir versuchen uns die klausurrelevanten Themen des Familienrechts zu erarbeiten und dabei noch ein bisschen Allgemeinwissen mitzunehmen und auch ein bisschen Spaß zu haben. Wir haben uns beim letzten Mal mit den allgemeinen Wirkungen der Ehe befasst.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Sie erinnern sich, die Paragraphen 1353ff sind der Regelungsort. Wir haben auch darüber nachgedacht, was eigentlich Familie juristisch bedeutet und vielleicht auch rechtspolitisch bedeutet. Und wir haben als wichtigste Dimension von Familie herausgearbeitet, das ist eine Verantwortungsgemeinschaft.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Und im Übrigen gilt der Satz Familie ist da, wo Kinder sind. Die Schwerpunkte unserer Diskussion beim letzten Mal waren dann sehr klausurrelevant. Schlüsselgewalt, also Paragraf 1357, die Haftungsprivilegierung des Paragrafen 1359 und die Eigentumsvermutung des Paragrafen 1362.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Und wir haben uns schon in der letzten Folge darauf eingestimmt, dass das Familienrecht im Examen selten als Familienrecht als solches drankommt, sondern so gut wie immer mit Fragen des allgemeinen Teils und vor allem des Sachenrechts vernetzt ist.

1:58 Min
Marc:

Womit befassen wir uns denn dann jetzt hier heute?

2:00 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Mit meinem Lieblingsthema im Familienrecht. Es geht um das Liebe-Geld in der Ehe. Unser Thema ist also das eheliche Güterrecht. Das ist geregelt in den § 1363 FF BGB, die Sie sich bitte nach Abhör dieser Folge durchlesen.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Da geht es um die interne vermögensrechtliche Verfassung der Ehegatten oder etwas anders formuliert über die Konsequenzen einer Heirat in finanzieller Hinsicht. Für das Güterrecht muss man zwei Dinge sagen. Die Grundstrukturen und die wichtigsten Regelungen gehören sowieso zum Examenstoff.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Das ist also heute nicht besonders außergewöhnlich. Aber das Güterrecht sollte eigentlich nicht nur Juristen interessieren. Denn alle Menschen, die heiraten wollen, sollten sich eigentlich im eigenen Interesse mit dem Güterrecht, also mit dem Thema Geld in der Ehe befassen und mit dem zukünftigen Partner vielleicht vor der Eheschließung ganz offen besprechen.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Vieles spricht dafür, dass das die allerbeste Konfliktprävention für die Zukunft ist. Das sagen jedenfalls Psychologen und Eheberater, die fast immer herausfinden, dass einer der neuralgischen Punkte für Konflikte in der Ehe eben dann doch das Geld ist.

3:23 Min
Marc:

Ja und ich glaube dieses Gespräch, sozusagen auch ein bisschen aus eigener Erfahrung sprechend, ist auch so ein ganz guter Reality-Check, ob man eigentlich wirklich eine gemeinsame Vorstellung davon hat, wie man das machen möchte, dass verschiedene Szenarien eintreten können, dass vielleicht auch nicht alles immer nur reibungslos läuft, was wäre wenn, muss man halt mal gemeinsam durchsprechen. Dann stellt man schon auch fest, dass vielleicht sozusagen die allgemeine Zugewinn-Gemeinschaft keine so schlechte Regelung ist.

1:10 Min
Marc:

Aber die Frage ist ja auch, ob das nicht zu diesem Zeitpunkt vielleicht ein bisschen viel verlangt ist. Man ist irgendwie verliebt, hat sich dann entschlossen zu heiraten, muss noch einen Verlobungsring suchen, was auch schon schwer genug ist. Liebe Grüße an alle, die sich damit gerade beschäftigen, muss noch Hochzeit planen.

1:10 Min
Marc:

Da hat man ja vielleicht auch gar nicht so viel Lust auf Jura, oder?

4:08 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Nein, nach meiner Erfahrung denken auch akademisch vorzüglich ausgebildete junge Menschen, die heiraten wollen, an Jura und leider auch an Geld überhaupt nicht, wenn man mal von den Kosten der Hochzeit absieht. Sondern, ich sag meinen jungen Damen immer, ihr denkt darüber nach, dass ihr ein rosa oder blaues Sprumpfband und ein hellblaues oder weißes Taschentuch habt und ob das Hochzeitskleid nun mehr Jungfrau oder Prinzessin ist, aber nicht über das Geld.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Das kann man empirisch belegen, diese Beobachtung von mir, dass es, es gibt eine Studie des Familienministeriums und da kommt ganz klar raus, ein ganz hoher Prozentsatz der Eheschließenden hat nicht die geringste Vorstellung oder völlig falsche Vorstellung von den vermögensrechtlichen Konsequenzen dessen, was sie da eigentlich machen und nach der ersten Scheidung ist das anders. Dann weiß man das, aus Erfahrung wird man klug oder sehr traurig.

5:09 Min
Marc:

Ich habe es gerade schon angedeutet, aber sozusagen mal formell, was geschieht denn, wenn man sich jetzt keine Gedanken vor der Heirat macht und einfach alles laufen lässt?

5:19 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Dann gilt als Konsequenz der Eheschließung automatisch die sogenannte Zugewinngemeinschaft. Die tritt automatisch ein, also Kraft Gesetzes und deswegen nennt man sie gesetzlicher Güterstand. Geregelt ist das in § 1363 Abs.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

1 und der lautet, die Ehegatten leben im Güterstand der Zugewinngemeinschaft, wenn sie nicht durch Ehevertrag etwas anderes vereinbaren können. Vereinbaren können die Ehegatten die sogenannten Wahlgüterstände, das sind die Gütertrennung, die Gütergemeinschaft, sowie der deutsch-französische Wahlgüterstand, die sogenannte Wahlzugewinngemeinschaft. Und wenn die Ehegatten die Zugewinngemeinschaft vertraglich ausschließen, dann tritt nach § 1414 automatisch Gütertrennung ein.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Die Gütergemeinschaft und die Wahlzugewinngemeinschaft spielen in der Praxis keine Rolle, keine große Rolle und sie haben im Examen überhaupt keine Bedeutung. Man sollte aber für das Examen wissen, dass es diese vier Güterstände gibt und es schadet auch nichts, wenn man weiß, dass die Gütergemeinschaft eine Gesamthandsgemeinschaft ist, neben der Erbengemeinschaft und in diesem Kontext muss man immer jetzt auch mit der Frage rechnen, ob die BGB-Gesellschaft nach der Reform durch das Mopec überhaupt noch eine Gesamthandsgemeinschaft ist.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Früher lautete ja die Antwort, es gibt drei Gesandthandsgemeinschaften, GbR, Erbengemeinschaft und Gütergemeinschaft und das ist jetzt für die GbR nicht mehr so ganz klar, aber das machen wir jetzt nicht. Und man kann sich dann, wenn man so den Überblick hat und dazu drei Sätze sagen kann, für die Examensvorbereitung ganz auf den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft konzentrieren und man sollte ein wenig auch über die Grundzüge der Gütertrennung wissen.

7:19 Min
Marc:

Du hast gesagt, dass viele Menschen eben gar nicht so genaue Vorstellungen davon haben, was die finanziellen Konsequenzen der Eheschließung denn dann sind. Was ist da dein Erfahrungswert? Inwiefern liegen künftige Ehegatten häufig daneben?

7:32 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Viele Menschen meinen, übrigens auch Juristen, dass eine Ehe automatisch, also Kraft Gesetzes, irgendwie auch zu einer Vermögensgemeinschaft führt, so in der Art von Miteigentum, ganz diffus. Jetzt gehört uns doch allen alles gemeinsam, ist eine in der Bevölkerung sehr weit verbreitete Vorstellung.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Außerdem, jetzt wird es gefährlich, gehen viele Menschen davon aus, dass der eine Ehepartner für die Schulden des anderen Ehepartners haftet. Und diese falschen Vorstellungen über den gesetzlichen Güterstand führen dann dazu, dass aus ganz komischen, sehr zweifelhaften Motiven plötzlich Gütertrennung...

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Vereinbart wird. Da ist eine unternehmerisch aktive Ehefrau, die möchte ihren Ehemann vor den Konsequenzen eines Scheiterns, einer Pleite schützen, also vor ihren eigenen Gläubigern oder die Eltern, kommt sehr häufig vor, die Eltern eines Ehepartners wollen verhindern, dass das Schwiegerkind im Fall der Scheidung von Schenkungen und Erbschaften des eigenen Kindes profitiert und drängen deshalb auf Gütertrennung. Diese Sorgen sind ohne jede Grundlage, wie wir gleich sehen Denn diesen Anliegen, Schutz vor den Gläubigern, Schutz des eigenen Kindes im Fall der Scheidung, das funktioniert, den trägt schon der gesetzliche Güterstand Rechnung.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Solche Motive sind also überhaupt kein tragfähiger Grund für eine Gütertrennung.

9:08 Min
Marc:

Ich glaube, dann muss man mal ein kleines bisschen mehr Licht darauf scheinen lassen, was jetzt an diesem gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft, also wirklich das Gemeinschaftliche ist.

9:19 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Ja, der Begriff der Zugewinngemeinschaft ist in gewisser Hinsicht irreführend, denn die Zugewinngemeinschaft führt nicht zu einer Vermögensgemeinschaft während der Ehe. § 1363 Absatz 2 Satz 1 lautet, das jeweilige Vermögen der Ehegatten wird nicht deren gemeinschaftliches Vermögen. Dies gilt auch für das Vermögen, das ein Ehegatte nach der Eheschließung erwirbt.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Etwas einfacher, während der bestehenden Ehe gilt Gütertrennung. Die Zugewinngemeinschaft ist vor dem Ende der Ehe Gütertrennung. Für Eigentumsübertragung und Eigentumserwerb gelten dementsprechend die allgemeinen Regeln des Sachenrechts. Rechts, jeder schließt Verträge und bekommt Dinge übereignet, manchmal ist es auch nicht ganz klar, manchmal werden Dinge möglicherweise auch an beide übereignet, aber es gilt das Sachenrecht.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Und zu einer Gesamtbetrachtung der Vermögen beider Ehegatten und zu einem Ausgleich kommt es überhaupt erst, wenn die Zugewinngemeinschaft endet, das steht ausdrücklich in § 1363 Absatz 2 Satz 2. Okay, jetzt für diesen Ausgleich am Ende der Zugewinngemeinschaft ist ganz prägend und dominierend der Zugewinnausgleich im Fall der Scheidung.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Es gibt natürlich auch die Beendigung der Ehe durch Tod, aber das lassen wir mal noch erst zurück und widmen uns jetzt erstmal der Scheidung. Der Grundgedanke für den Zugewinnausgleich im Fall der Scheidung ist, dass das während der Ehe von beiden Ehegatten erwirtschaftete Vermögen in der Summe im Fall der Scheidung gleichmäßig aufgeteilt werden soll.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Das ist ein wertmäßiger Ausgleich in Geld. Also kein Ehegatte hat Anspruch auf bestimmte Gegenstände, die dem anderen Ehegatten gehören. Und die maßgebliche Regelung ist die Anspruchsgrundlage des Paragrafen 1378 Absatz 1. Übrigens übersteigt der Zugewinn des einen Ehegatten den Zugewinn des anderen, so steht die Hälfte des Überschusses dem anderen Ehegatten als Ausgleichsforderung zu.

11:43 Min
Marc:

Wollen wir mal gerade eine kleine Schleife drehen und nochmal ganz kurz was zum Begriff des Zugewinns sagen. Was ist denn Zugewinn, so einfach?

11:50 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Zugewinn ist, wir kommen gleich genauer da drauf, Zugewinn ist die Differenz zwischen dem, was man bei Eheschließung hat und was man am Ende der Ehe hat und zwar rechnerisch. Also ich habe am Anfang der Ehe 0, am Ende 100, dann ist mein Zugewinn 100.

12:08 Min
Marc:

Und wichtig ist eben, dass wenn man am Anfang 100 hätte und dann 200 dazu gewinnt, auch 100 ist und sich diese Halbteilung, um die es jetzt weiterhin geht, eben nur auf diesen Gewinn bezieht und nicht auf alles, was man auch mit reingebracht hat. Das muss man, glaube ich, hier einmal so sagen.

12:23 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Ja, das sagen wir schon, aber wir schauen uns das gleich nochmal ganz genau an.

12:28 Min
Marc:

Und die Frage ist dann ja jetzt als nächstes, was rechtfertigt eigentlich diese Halbteilung? Warum wird das so gemacht? Man könnte darauf sagen, naja, dann hat der eine sich halt ins Zeug gelegt und so belassen wir das.

12:38 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Ja, das sehen viele so. Das sehen übrigens auch viele traditionelle Notare so und dann wird immer das Lied gesungen, das bisschen Haushalt macht sich von alleine und ich habe schon in Schriftsätzen gesehen, die Ehefrau soll dankbar sein, dass sie 20 Jahre im Luxus und ohne jede Anstrengung gelebt hat und sich ihre Fingernägel lackiert hat.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Also das Bild der fingernägel lackierenden Chefarztgattin, die im Grunde nicht gearbeitet hat, geistert immer noch so ein bisschen durch die Köpfe. Das Gesetz sieht das ganz anders und das würde ich jetzt gerne ein bisschen erklären. Eher natürlich orientiert sich das Gesetz an der traditionellen Alleinverdiener-Ehe, Einverdiener-Ehe.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Ein Ehepartner ist berufstätig und verdient das Einkommen für die Familie und der andere Ehepartner kümmert sich um Kinder und Haushalt und hält dem berufstätigen Ehepartner den Rücken frei. Eine beliebte Formulierung.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Dieser Ehepartner, der modern gesprochen Care-Arbeit leistet, hat infolgedessen überhaupt kein eigenes Einkommen und kann aus eigenen Mitteln, das ist wichtig, auch kein Vermögen bilden. Vor diesem Hintergrund, einer bringt das Geld und der andere macht die Care-Arbeit, wurde der gesetzliche Güterstand früher als Kompensation für den Verzicht auf eigene Erwerbstätigkeit erklärt und gerechtfertigt.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Heute sieht man den Normzweck des Zugewinnausgleichs vor allem in der Gewährleistung der Gleichwertigkeit von Erwerbstätigkeit und Familienarbeit. Das muss man sich nochmal auf der Zunge zergehen lassen. Das Bundesverfassungsgericht hat mehrfach betont, dass die Ehepartner in der Ausgestaltung der Aufgaben- und Rollenverteilung in ihrer Ehe völlig frei sind.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Es besteht nicht mehr ein bestimmtes Familienleitbild, sondern die Ehepartner können das machen, wie sie es für richtig halten. Aber wenn sie einvernehmlich vereinbaren, dass der eine berufstätig ist und der andere zu Hause bleibt, dann sind, so das Bundesverfassungsgericht, diese unterschiedlichen Beiträge auch gleichwertig.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Dann kann man nicht sagen, naja, der Haushalt macht sich von alleine, du hast ein schönes Leben und ich habe den Stress. Die Kehrseite der privatautonomen Gestaltung ist also Verantwortung. Wenn einer sagt, wir beide entscheiden, dass du zu Hause bleibst, kann er nicht hinterher sagen, ich habe ja das Geld gebracht und du hast nicht gearbeitet.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Entscheiden sich die Ehepartner tatsächlich, dass ein Ehepartner nicht berufstätig sein soll, dann gewährt eben der Zugewinnausgleich ihm eine Teilhabe an den Erfolgen der Berufstätigkeit des anderen Teils. Man kann das nochmal einfach sagen, das Gesetz geht davon aus, dass die finanziellen Erfolge in der Familie arbeitsteilig gemeinsam erwirtschaftet wurden.

15:45 Min
Marc:

Passt das Modell denn dann noch zur heutigen, ja doch wahrscheinlich häufiger anzutreffenden Doppelverdiener-Ehe? Denn heute sind doch in der Regel beide Ehepartner berufstätig, auch wenn sie Kinder haben.

15:57 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Über diese Frage ist in den letzten beiden Jahrzehnten immer wieder diskutiert worden und man hat die gesetzliche Regelung bei den großen Reformvorhaben im Familienrecht auch immer wieder kritisch überprüft. Der Gesetzgeber hat sehr bewusst an dem Modell des gesetzlichen Güterstandes festgehalten und wahrscheinlich hat er auch recht, denn auch wenn beide Ehepartner berufstätig sind, bedeutet das ja noch lange nicht, dass beide eine gleichwertige Erwerbsbiografie aufbauen und in gleicher Weise eine Karriere machen, die ihrer Begabung und ihrem Leistungspotenzial entsprechen.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Es ist ganz typisch, dass beide Ehepartner heute mit vergleichbaren beruflichen Chancen in die Ehe starten und jetzt kommt etwas Illusionistisches. Sie planen meistens auch eine völlig gleichberechtigte Aufgabenverteilung und dann kommt es eben doch dazu, dass der eine Ehepartner im Laufe der Ehe berufliche Abstriche macht, um einen stärkeren Akzent auf die Familienarbeit legen zu können.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Vielleicht auch einfach, um Stress aus der Familie rauszunehmen und die Statistiken zeigen, dass diese Entwicklung ganz häufig eintritt, wenn das erste Kind kommt und wenn man merkt, dass es mit der völlig gleichwertigen Aufgabenverteilung in den real existierenden Bedingungen in dieser Gesellschaft ganz, ganz schwierig ist. Ich habe immer gesagt, ohne eine funktionierende Oma kriegt man, oder Opa heute, kriegt man eine Doppelverdiener-Ehe, die zu gleichwertiger Karriere führt.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Sehr, sehr, sehr schwer hin. So, infolgedessen erklärt sich auch der ja in der Statistik immer wieder belegte Wunsch nach Elternzeit oder Teilzeit. Es ist offensichtlich sehr schwer, gleichwertig mit Kindern berufstätig zu sein.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Wir alle wissen warum. Warum? Und meine Beobachtung ist, es kommt sehr oft dazu, dass eben doch beide Ehegatten sagen, wir wollen ein bisschen Stress aus dem Leben rausnehmen. Das macht keinen Sinn, dass beide der Karriere hinterherrennen und letztlich das Leben in der Familie und mit der Familie zu kurz kommt.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

So und praktisch ist es dann eben so, dass oft ein Ehepartner im Einvernehmen mit dem anderen auf Beförderung oder auf bestimmte Berufswege von vornherein verzichtet. Ich gebe ein typisches Beispiel. Beide Ehepartner haben vorzügliche Assessorexamen vorgelegt und es ist völlig klar, beiden steht jeder juristische Beruf offen.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Da das Paar sich aber Kinder wünscht, geht nur ein Partner in eine Großkanzlei und der andere wählt die Richterlaufbahn, weil man weiß, dass das im Hinblick auf Familienplanung und Familienarbeit einfach mehr Optionen bietet. So, wie sich die Vermögensentwicklung dann gestaltet, ist auch völlig klar.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Selbst wenn die Berufe selbstverständlich in ihrem gesellschaftlichen Ansehen und in ihrer Qualität überhaupt auf Augenhöhe stehen, hat der eine nachher sehr viel mehr auf dem Konto und im Vermögen als der andere. Und für solche Konstellationen gewährt der Zugewinnausgleich schon eine gewisse Kompensationen.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Weil er die Nachteile ein wenig ausgleicht, die ein Ehepartner als Konsequenz einer gemeinschaftlich vereinbarten Rollenverteilung eben erlitten hat.

19:39 Min
Marc:

Hat kurze Schleife, weil ich das in letzter Zeit immer mehr höre. Das ist auch ganz spannend, dass viele sogar schon beim Berufseinstieg das antizipieren und sagen, pass auf, ich will ja ganz gerne anfangen, aber eigentlich von Anfang an mit 80 Prozent. Und da haben viele Arbeitgeber gerade noch gar nicht so eine gute Antwort drauf.

1:10 Min
Marc:

Und dieses Argument der Arbeitnehmer ist dann manchmal, naja gut, wir kriegen wahrscheinlich in den nächsten Jahren ohnehin irgendwann Kinder und dann ist doch eh Teilzeit angesagt. Also es hat sogar da schon jetzt Auswirkungen am Arbeitsmarkt, aber nur so am Rande.

1:10 Min
Marc:

Wieder die Familie betrachtet, könnte man aber doch sagen, jetzt in deinem gerade aufgeworfenen Beispiel, der eine Teil ist bei Gericht, der andere an der Großkanzlei, verdient da noch mehr Geld. Dass es unfair ist, dass während der Ehe aber eben kein Ausgleich stattfindet oder kein Anspruch auf Ausgleich besteht, wenn der eine eben mehr Kehrarbeit übernimmt, oder?

20:34 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Ja, das ist eine ganz empfindliche Schwäche des gesetzlichen Güterstandes, die auch allgemein bekannt ist. Wir haben ja schon herausgearbeitet, für die bestehende Ehe gilt Gütertrennung. Verzichtet nun ein Ehepartner ganz oder teilweise auf eigene Erwerbschancen, dann entsteht im Laufe der Ehe geradezu zwangsläufig ein dingliches Gefälle.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Anne Rötel aus Hamburg hat das mal sehr plastisch so genannt. Auf dem einen Konto landet immer mehr und auf dem anderen Konto ist nichts. Die vom Bundesverfassungsgericht postulierte Gleichwertigkeit von Familien- und Erwerbsarbeit Die Familienarbeit findet also im Vermögen der Ehegatten während der Ehe überhaupt keinen Niederschlag.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Die Familienarbeit bleibt während der bestehenden Ehe völlig wertlos. Los, der nicht erwerbstätige Ehegatte bekommt außer Unterhalt und Taschengeld bis zum Ende der Ehe im schlimmsten Fall überhaupt nichts. In einer funktionierenden Ehe ist das kein Problem, obwohl ich mir nicht so ganz sicher bin, ob sich dieses dingliche Gefälle dann nicht doch auch auf die internen Machtverhältnisse in irgendeiner Weise auswirkt.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Ich habe in meinem Leben erlebt, dass sehr gut ausgebildete Frauen von sehr wohlverdienenden Männern plötzlich sagten, ja, ich weiß nicht, ob ich mir dieses Kleid jetzt eigentlich kaufen kann, da muss ich den Hans mal fragen. Das ist natürlich eigentlich unwürdig, wenn die Ehefrau einen großen Haushalt schmeißt, noch die Firmenkunden empfängt, die Seniorenfeier gestaltet und dann sagt, ich weiß aber nicht, ob ich so viel für einen...

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Kleid ausgeben darf. In der Ehe meiner Eltern war das völlig anders. Mein Vater sagte immer, ich gebe mein Gehalt bei meiner Frau ab und die entscheidet dann zusammen mit mir zur Not, mit mir, was daraus geschehen ist, aber selbstverständlich ist sie der Manager der Ehe, aber das ist ein Verständnis, was sicherlich nicht überall verbreitet ist.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

So, was folgt daraus? So wie das Gesetz es regelt, bekommt der berufstätige Ehegatte finanziell Lufthoheit. Das kann man überhaupt nicht bestreiten. So, der Ehegatte, der berufstätig ist, kann überlegen, was mache ich mit Überschüssen? Eigene Projekte, ein Unternehmen gründen, kostspielige Hobbys pflegen.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Aus juristischer Sicht braucht er den Ehegatten nicht zu fragen. Und der andere Ehegatte, der kann, wenn es hart auf hart kommt, nicht mal sagen, ich will mich wenigstens beruflich weiterbilden, damit ich im Fall eines Scheiterns oder im Fall eines Todes dann mich auf eigene Füße stellen kann. Im Grunde muss der nicht berufstätige Ehegatte juristisch immer fragen.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

So, diese Probleme sind völlig diskutiert und bekannt, aber Konzepte einer modernen Rungenschaftsgemeinschaft würde man das nennen, die übrigens in vielen europäischen Ländern gesetzlicher Güterstand sind, konnten sich bei uns bisher einfach nicht durchsetzen.

23:52 Min
Marc:

Aber die Ehegatten könnten doch ein faires Modell privatautonom vereinbaren, oder?

23:57 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Das ist richtig. Theoretisch ja. Es gilt ja Ehevertragsfreiheit, das haben wir schon festgestellt. Das wird aber als Errungenschaftsgemeinschaft nicht gemacht, weil die Notare das nicht empfehlen, dass die gesetzliche Gütergemeinschaft, die ein gewisses Vorbild sein könnte, ist viel zu kompliziert.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Das stimmt auch. Und da wir keinen vernünftigen gesetzlichen Rahmen für eine moderne eine Errungenschaftsgemeinschaft haben, wird das nicht gemacht. Ehegatten, die sich heute schon dankenswerterweise ausreichend Gedanken machen und wirklich eine faire Lösung wollen, die entscheiden sich für Modelle einer zugewinnten, einer modifizierten Zugewinn-Gemeinschaft.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Also die haben das im Blick und finden Regeln für den Fall, dass ein Ehepartner. Mehr Care-Arbeit leistet als der andere und da gibt es inzwischen ganz gute Modelle. Ich weise an dieser Stelle immer darauf hin, dass eben die Kinderbetreuung nur ein Teil ist.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Der Haushalt wird notorisch unterschätzt und auch in der Aufwendigkeit gar nicht richtig bewertet und auch da gilt die Statistik, ich sage das sehr ungern, aber dass selbst in auf Gleichberechtigung angelegten Partnerschaften offensichtlich die männliche Hälfte im Haushalt deutlich weniger macht als die weibliche, übrigens mit dem Argument, so sauber muss das gar nicht und wir haben kürzlich geputzt. Gut, das ist außerordentlich interessant.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Nur ohnehin sind die Paare, die sich über Fairness bei der Aufgabenverteilung und dem finanziellen Ausgleich Gedanken machen, bisher eher selten. Häufig wird eher die Ehevertragsfreiheit genutzt, um nun den gesetzlichen Güterstand ganz auszuschließen und Gütertrennung zu vereinbaren. Paragraf 14,14.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Und das ist bei jungen Paaren, die kein Vermögen haben, die also nicht aus unternehmerischem Kontext kommen und bei denen ein Kinderwunsch besteht oder auch später entstehen können, außerordentlich problematisch. Denn wenn dann ein Ehepartner zugunsten der Familienarbeit beruflich zurücksteckt, abweichend von früheren Planungen, weil es einfach nicht funktioniert, dann bekommt der im Scheidungsfall überhaupt keinen Ausgleich, weil es heißt, Ja, Gütertrennung ist Gütertrennung, hättest du dir vorher überlegen können.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Ich sag schon an dieser Stelle, das Recht überfordert die jungen Ehepartner, wenn es ihnen abverlangt, zu Beginn der Ehe sich zu überlegen, wie eine ja immerhin auf Lebenszeit angelegte Ehe, Auf Dauer funktionieren soll, wenn Dinge passieren, die man nicht vorhergesehen hat. Also die Vorstellung, wir machen alles gleichberechtigt, auch wenn eins, zwei, drei Kinder kommen, ist statistisch gesehen nur in Ausnahmefällen und meistens sind es sehr privilegierte Ausnahmefälle, wo schon Vermögen da ist, so umzusetzen.

26:58 Min
Marc:

Ich glaube, ein guter Hinweis da ist auch bezüglich dieser Aussage, naja, man sollte es für das ganze Leben in diesem einen Moment entscheiden, dass man sich vielleicht zum Zeitpunkt der Eheschließung einfach mal fragen sollte, wie das eigene Leben vor drei, vor fünf und vor zehn Jahren aussah und man wird feststellen, dass das ganz schön anders war. Das heißt, man braucht irgendeine Art von, ja, möglichst einer Regelung, die wirklich allumfassend ist und dass man eben nicht sozusagen mit einem großen Hammer da den Nagel einschlägt und dann wird das schon passen.

1:10 Min
Marc:

Wenn man das soweit denken möchte. Wir sollten aber vielleicht nochmal ein Praxisbeispiel nennen sozusagen, bevor wir hier zu sehr in die Beratung abrutschen.

27:35 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Ja, jetzt kommen wir nämlich zu den Dingen, die wirklich in der Klausur vorkommen. Ich fange mal mit einem ganz einfachen Beispiel an und du unterbrichst mich bitte, wenn du findest, dass die Zahlen nicht mehr nachvollziehbar sind beim Hören. Wir nehmen mal an, wir haben ein Ehepaar XY, X und Y.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Ich nenne die jetzt immer nur X und Y, weil sie sich dann überlegen können, das kann alles sein. Männchen, Weibchen, zwei Herren, zwei Damen, alles was heute geht. Und wir nennen die einfach mal X und Y.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

So, die lassen sich scheiden. Und zur Vereinfachung gehen wir mal davon aus, dass die zu Beginn der Ehe überhaupt noch nichts hatten. Jetzt soll der X am Ende der Ehe 100 haben, 100.000 Euro und die Y 20.000 Euro, weil eben Y sich im Einvernehmen mit X um das gemeinsame Kind und den Haushalt gekümmert und deswegen nur in Teilzeit gearbeitet hat.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

X hat dann am Ende der Ehe 80.000 Euro mehr als Y. Rechtstechnisch ausgedrückt einen um 80.000 Euro höheren Zugewinn. Also X hat 100.000 Euro Zugewinn, Y 20.000 Euro.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Der Zugewinn des X ist also 80.000 Euro höher. Und dann hat Y gegen X gemäß § 1378 Absatz 1 einen Anspruch auf Zahlung von 40.000 Euro.

29:02 Min
Marc:

Soweit so nachvollziehbar. Führt zur Folgefrage, wie man das klausurtechnisch idealerweise aufzieht.

29:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Erstmal muss man wie immer mit dem Gesetz arbeiten. Das ist hier besonders wichtig. Man muss die Vorschriften genau lesen. Es steht alles im Gesetz.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Und da Sie hier zuhören, werden Sie die Vorschriften schon vor dem Examen gelesen haben. Das erleichtert dann die erneute Lektüre in der Klausur ungeheuer, wenn die Vorschrift nicht völlig unbekannt aus dem Gesetz guckt. Man beginnt wie immer mit der Anspruchsgrundlage und das ist hier der § 1378 Absatz 1.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Danach ist der Zugewinn des einen Ehegatten mit dem Zugewinn des anderen Ehegatten zu vergleichen. Und die Definition des Zugewinns findet sich in § 1373. Wir müssen jetzt einmal durch die Kette durchklettern.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Zugewinn ist der Betrag, um den das Endvermögen eines Ehegatten das Anfangsvermögen übersteigt. Sehr einfach, nochmal zusammengefasst, man guckt, was war bei Eheschließung da und man guckt, was ist am Ende da. Rein rechnerisch.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Das Anfangsvermögen ist definiert in § 1374 Absatz 1. Das ist das Vermögen, was beim Eintritt des Güterstandes da ist nach Abzug der Verbindlichkeiten. Der Zugewinn ist also von vornherein durch dieses Vermögen, was der Ehegatte mitbringt, gemindert.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Das zieht man ab. Daraus ergibt sich nun schon eine ganz wichtige Erkenntnis, dass nämlich der eine Ehepartner nicht davon profitiert, dass der andere Ehepartner schon vor der Ehe Geld an die Föße hatte. Weil alles, was der vor der Ehe hatte, das kommt gar nicht erst in diese Zugewinn-Gerechnung hinein, weil das zum Anfangsvermögen gehört.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Noch wichtig ist die Vorschrift des Paragrafen 1374 Absatz 3, danach sind nämlich Verbindlichkeiten über die Höhe des Vermögens hinaus abzuziehen. Ich mache es mal etwas einfacher. Das Anfangsvermögen kann also auch mit einem negativen Wert angesetzt werden.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Das ist dann das sogenannte negative Anfangsvermögen und so kann man den Abbau von Schulden erfassen. Wenn der X also 30.000 Euro Schulden hat und er hat am Ende 100.000, dann hat er einen Zugewinn von 130.000, denn durch das gemeinschaftliche Erwirtschaftete ist ja erstmal sein Minus zu Ehebeginn abgebaut worden.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Okay, wir haben hier in unserem Beispiel schon gesagt, X hatte kein Einfangsvermögen. Das macht man jetzt erstmal ganz einfach. Und das Endvermögen, das ist das Vermögen, das der Ehegatte nun nach Abzug der Verbindlichkeiten bei Beendigung hat.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Das steht in § 13,75 und wir haben schon gesagt, bei X 100.000, also hat der X einen Zugewinn von 100.000. Und genauso entsprechend ist nun der Zugewinn von Y zu berechnen. Wir haben gesagt, Y hatte kein Anfangsvermögen und ein Endvermögen von 20.000.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Der Zugewinn beträgt also 20.000 Euro und wenn man jetzt auf dieser Grundlage den Ausgleichsanspruch gemäß § 13 Absatz 78 Absatz 1 berechnet, dann sagt man, der Zugewinn des X übersteigt den Zugewinn des Y um 80.000 und davon steht X die Hälfte zu und damit 40.000. Das klingt jetzt vielleicht beim Hören etwas kompliziert.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Ich würde Ihnen aber einfach empfehlen, dieses Beispiel mal auf den Zettel aufzumalen und mithilfe der gesetzlichen Normen durchzugehen. Das ist ein ganz simples Beispiel. Wenn Sie einmal verstanden haben, wie das funktioniert, dann wird Ihnen das im Falle eines Falles im Examen auch wieder einfallen.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Es ist nur schwierig, wenn man im Examen zum allerersten Mal sieht, ach du lieber Himmel, da sind Zahlen.

33:07 Min
Marc:

Und vermutlich werden das im Examen ja keine krummen Beträge mit Nachkommastelle sein, wo es auf einen Cent ankommt.

33:14 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Überhaupt nicht. Ich habe noch nie gesehen, dass komplizierte Berechnungen verlangt werden, übrigens auch nicht im Erdrecht. Aber um einfache Konstellationen vielleicht auch auf Prädikatsniveau zu bewältigen, muss man eben die einschlägigen Normen kennen und man muss den Regelungsmechanismus verstanden haben. Und dann sollte man sich noch etwas intensiver mit den Einzelheiten der Regelungen für Anfangs- und Endvermögen befassen, also mit den Paragraphen 1374 und 1375, die sind sehr klausurrelevant, die enthalten nämlich nun abweichend von der rein rechnerischen Erfassung, wie wir sie bisher gemacht haben, normative Regelungen.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Modifizierungen dieser Feststellung von Anfang und Endvermögen.

34:04 Min
Marc:

Für das Endvermögen geht es also um 1375 Absätze 2 und 3?

34:08 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Genau. Ziel dieser beiden Absätze ist es, manipulative Schmälerungen des Endvermögens durch einen Ehegatten zulasten des anderen zu unterbinden. Es könnte sein, dass ein Ehepartner, der spürt, die Ehe kriselt, der vielleicht innerlich schon auf dem Absprung ist, sagt, was kann ich denn eigentlich tun, wie kann ich für mich den ins Haus stehenden Zugewinnausgleich optimieren.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Übrigens, wenn eine Ehe kriselt und so etwas auch nur wie ein weißer Elefant im Raum steht, ist dem anderen Ehegatten der Zugewinnausgleich kriegt, also derjenige, der nicht finanziell der Stärkere ist, immer anzuraten, von nun an alles zu kopieren, zu notieren, Belege aufzuheben, Einkommenssteuer, sich überhaupt erstmals um die Steuer zu kümmern, falls er dies nicht gemacht hat. Okay, aber zurück zur Klausur.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Es geht also darum, dass der 1375 in seinen beiden Absätzen 2 und 3 manipulative Verkürzungen adressiert. So, Anknüpfungspunkt ist also das tatsächliche Endvermögen. Man guckt, was ist noch da.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Und nun wird diesem rechnerischen Betrag hinzugerechnet, das, was der Ehegatte ohne akzeptablen Grund verschenkt hat, wenn er sein Vermögen verschwendet hat, Spielsalon, Casino oder wenn er sonst irgendwelche nachteiligen Manipulationen vorgenommen hat. So, wie funktioniert das jetzt? Diese Maßnahmen werden rechnerisch rückgängig gemacht, indem man einfach die Beträge auf das Endvermögen, was tatsächlich noch da ist, wieder draufschlägt.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Jetzt keine Sorge, Sie brauchen die Einzelheiten der umfangreichen Rechtsprechung zu 1375 nun wirklich nicht zu kennen, aber es ist gut, wenn Sie wissen, dass für Manipulationen des Endvermögens da eine Vorschrift ist. Ist, wenn sie die lesen können und dann auch in der Lage sind, sauber zu subsumieren und zu argumentieren, einfach mit Sinn und Zweck verhindert werden soll, dass ein Ehegatte, noch Vermögen, sag ich mal, um die Ecke bringt, um den Zugewinnausgleich zu schmälern.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Und wenn man das verstanden hat, dann versteht man auch den 1375 Absatz 3. Da wird nämlich nicht mehr korrigiert, wenn die Zuwendung und Verschwendung zehn Jahre zurückliegt und warum ist völlig klar, nach so langer Zeit ist ganz unwahrscheinlich, dass dahinter eine manipulative Absicht stand, sonst hätten die sich wahrscheinlich schon eher scheiden lassen, obwohl sie gleich sehen werden, dass das nicht immer der Fall ist.

37:02 Min
Marc:

Ja, wer dann noch zehn Jahre durchhält. Genau, genau.

37:05 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Sie sehen, das ist alles unglaublich nah am Leben und ich könnte Stunden aus meiner Beratungspraxis berichten, was es alles für kuriose Fälle gegeben hat, aber wir bleiben noch bei der Klausurrelevanz.

37:17 Min
Marc:

Und in diesem Zusammenhang dann auch beim 1374 Absatz 2 für das Anfangsvermögen, oder? Genau.

37:24 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Und jetzt nochmal der Ausgangspunkt ist, man schaut, was war am Anfang der Ehe da. Das ist wieder einfach eine Zahl. Und auf diese Zahl werden nun bestimmte Vermögenswerte, die der Ehegatte während der Ehe erworben hat, draufgeschlagen.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Das ist klar warum, weil dann fällt die Differenz kleiner aus und damit natürlich auch der zu leistende Zugewinnausgleich ist kleiner. Das ist wie vorher, wenn man das Anfangsvermögen erhöht, ist der Abstand zum Endvermögen geringer und dementsprechend ist der Zugewinn geringer.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

So, das macht man genau wie eben, macht man rein rechnerisch. Und dadurch verhindert man, dass der andere Ehegatte im Zugewinnausgleich an diesen Werten partizipiert. Ich erkläre das jetzt gleich genau.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Man spricht vom privilegierten Erwerb. Und was sind das jetzt? Das sind nach 1373 Absatz 2 Erbschaften und Schenkungen. Also, wenn ein Ehegatte während der Ehe von seiner Erbtante eine Erbschaft oder eine tolle Schenkung gekriegt hat, wird das dem Anfangsvermögen zugeschlagen, obwohl das ja Impfvermögen ist, sodass der Zugewinn geringer ist, als die Zahl tatsächlich am Ende wirklich ist.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Und der Sinn der ganzen Operation ist, dass der andere Ehegatte davon nichts kriegt. Das wird durch den Zugewinnausgleich ermittelt. Und jetzt sehen wir wieder, wie falsch diese Vorstellung ist.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Man braucht Gütertrennung, damit nur das eigene Kind von Schenkungen und Erbschaften profitiert. Das geht an 1374 Absatz 2 völlig vorbei. Wobei, durch die Erhöhung des Anfangsvermögens bekommt der andere Ehepartner keinen Ausgleich.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Jetzt ist da aber noch eine Kleinigkeit, die wichtig ist. Wertzuwächse während der Ehe, nach der Schenkung und nach der Erbschaft, die sind dann doch im Zugewinnausgleich verankert. Ausgleichspflichtig.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Und darüber müssen wir noch ein bisschen genauer reden.

39:29 Min
Marc:

Das betrifft ja unter anderem auch Immobilien. Wir nehmen das jetzt 2024 auf. In den letzten Jahren hat sich da viel getan. Aber vielleicht machen wir da einfach mal ein ganz konkretes Beispiel, damit man sich das noch besser vorstellen kann.

39:40 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Ja, gehen wir wieder aus. Wir haben Eheleute X und Y und beide haben kein Anfangsvermögen. Jetzt erbt X ein Grundstück, das zum Zeitpunkt des Erbfalls 500.000 Euro wert war. Da das Grundstück inzwischen Bauland ist, beträgt sein Wert zum Zeitpunkt der Scheidung eine Million.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Ist also doppelt so viel wert. Wenn man jetzt auf den Zugewinnausgleich guckt, dann sagt man, das Anfangsvermögen beträgt 500.000 Euro, Weil diese Schenkung während der Ehe auf das Anfangsvermögen draufgeschlagen werden. Das Endvermögen beträgt also eine Million.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Das ist der Wertzuwachs. Dann heißt das, dass der X einen Zugewinn von 500.000 Euro hat und davon kriegt Y nun die Hälfte, also 250.000. Das heißt, die Schenkung als solche fällt raus, aber die Wertsteigerung nicht.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Die wird dann doch geteilt. Das ist eine Systemwidrigkeit, die bei uns einfach in dem Regelungsmechanismus drinsteckt, weil der einfach nur rechnerisch die Zahlen anguckt. Man hätte auch sagen können, das Grundstück fällt für alle Ewigkeit aus dem Zugewinnausgleich raus, weil es nichts mit der Ehe zu tun hat, aber so macht das Gesetz das eben nicht.

40:59 Min
Marc:

Das Gesetz nicht, aber das könnte man ja zum Beispiel im Rahmen eines Ehevertrags wieder vereinbaren.

41:03 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Ja und das wird auch sehr häufig gemacht, dass man sagt, insbesondere bei Erbschaften, dass man sagt, dass die Erbschaft und die Wertsteigerung der darin enthaltenen Gegenstände im Zugewinnausgleich nicht berücksichtigt sind. Darauf legen häufig Eltern eines Ehepartners großes Wert und das wird insbesondere bei unternehmerischem Vermögen gemacht.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Dann wird aber sehr häufig, wenn sonst nichts da ist, ein anderer Ausgleich gefunden.

41:28 Min
Marc:

Ein schöner Fall wäre doch jetzt in der Klausur ein Lottogewinn. Mit der ehelichen Wirtschaftsgemeinschaft hat er ja irgendwie nichts zu tun, oder? Aber kann man da eventuell 1374 Absatz 2 analog anwenden?

41:40 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Eine wahnsinnig interessante Frage, weil der Lottogewinn ja mit dem gemeinwirtschaftlichen Wirtschaften und Aufgabenverteilung in der Ehe nun wirklich nichts zu tun hat und einfach Glück ist. Die Rechtsprechung sagt nein. Sie sieht in § 1374 Absatz 2 eine Ausnahmevorschrift, die eng auszulegen sei und nicht analogiefähig.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Ihr könne nicht der Grundsatz entnommen werden, dass der Vermögenserwerb eines Ehegatten nur dann in den Zugewinnausgleich fällt, wenn der andere Ehegatte irgendwie zu dem Erwerb beigetragen haben kann. Also nochmal, der BGH sagt, 1374 Absatz 2 ist abschließend.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Er behauptet übrigens, das sei Wille des Gesetzgebers. Wenn man in die Materialien guckt, steht man fest, das stimmt gar nicht. Aber gut. Im familienrechtlichen Schrifttum gibt es ganz starke Strömungen, die den 1374s weiter auslegen wollen oder analog anwenden wollen, nicht nur auf Lottogewinne, sondern etwa auch auf Schmerzensgeldsummen.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Zumindest fordern diese Autoren eine Änderung Delege Veranda und die argumentieren genau umgekehrt wie der BGH, dass man dieser Norm eigentlich das grundsätzliche Prinzip entnehmen kann, dass der Vermögenserwerb, der nicht in Zusammenhang mit der ehelichen Lebensgemeinschaft steht, auch nicht in den Zugewinn-Ausgleich fällt. Diese Autoren sagen, die Norm enthält Regelbeispiele.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Könnte noch andere Beispiele geben.

43:13 Min
Marc:

Ist ja auch irgendwie echt witzig, dass es da Rechtsprechung zum Lottogewinn im Zugewinnausgleich gibt.

43:18 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Gibt es. Es beweist übrigens unsere alte Erfahrung, dass das Leben die besten Fälle schreibt, die sich eigentlich niemand ausdenken würde, weil er sagt, das ist ja viel zu unwahrscheinlich. Um den Lottogewinn geht es in der Entscheidung BGH NJW 2013,3645.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Ein Lesehinweis. Und diese Entscheidung ist mehr oder weniger abgewandelt, schon mehrfach examenes Gegenstand und unbedingt lesenswert, weil gute Fälle kommen immer wieder. Wieder, ich vereinfache etwas, die Eheleute X und Y lebten schon seit Jahrzehnten getrennt.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Das ist jetzt hier die Besonderheit und zwar mit anderen Partnern zusammen und hatten irgendwie keine Zeit, sich scheiden zu lassen. Man tat es eben nicht. Dann machte X einen hohen Lottogewinn und dann beantrachte Y die Scheidung und machte geltend, die Hälfte gehört mir.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Der X versuchte natürlich zu argumentieren, das sei wie eine Schenkung und falle deswegen unter Paragraf 1374 Absatz 2. Er müsse nichts abgeben. War ja auch sehr schmerzlich, dass er nun mit einer Frau diesen Lottogewinn teilen soll, mit der er seit vielen Jahren nicht mehr zusammenlebte.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Und es war hier ja auch völlig evident, dass es Lebensgemeinschaft schon lange nicht mehr gab. Der BGH sah das anders, der gab Y recht und lehnte eine direkte oder analoge Anwendung des 1374 Absatz 2 ab und hat dann erneut gesagt, diese Regelung sei eine abschließende Ausnahmevorschrift, es fehle an der Vergleichbarkeit des Lottogewinns mit den in der Norm genannten Fällen.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Dem Lottogewinn liege eben keine Erbschaft oder Schenkung zugrunde und dementsprechend auch keine persönliche Beziehung mit dem zuwendenden Dritten und im Ergebnis musste der X also den Lottogewinn mit Y teilen. Übrigens hielt der BGH diese langjährige Trennung ohnehin für irrelevant und er lehnte deshalb auch eine Anwendung von § 1381 ab.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Da gibt es eine Norm, die Sie wahrscheinlich noch nicht kennen, die gewährt dem ausgleichspflichtigen Ehegatten ein Leistungsverweigerungsrecht für Fälle grober Unbilligkeit. Wenn der Zugewinnausgleich also ganz grob unbillig wäre, hat der BGH kalt lächelnd gesagt, aus der langjährigen Trennung ließe sich da nichts ableiten.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Gesamtwürdigung ganz dumm gelaufen Der X hätte wahrscheinlich rechtzeitig juristische Ordnung in seine Beziehungen bringen und sich früher scheiden lassen müssen.

45:46 Min
Marc:

Ja, genau. Kommen wir nochmal zurück auf die Tatbestände des privilegierten Erwerbs nach 1374 Absatz 2. Erbschaft und insbesondere hier jetzt, worauf ich hinaus will, die Schenkung. Was ist denn mit Schenkung unter den Ehegatten? Oft überträgt der eine Ehegatte dem anderen ja schon während der Ehe einen größeren Vermögenswert, zum Beispiel in der Haushälfte.

46:07 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Das ist in der Tat üblich und das zeigt, dass in der Bevölkerung ein starkes Empfinden dafür ist, dass das, was in der Ehe erwirtschaftet ist, gemeinsam erwirtschaftet wurde. Diese sehr verbreitete Übung, bei einem Hauskauf beide Ehegatten eintragen zu lassen, selbst wenn der eine Ehegatte finanziell gar nichts beiträgen könnte, zeigt.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Dass man eben doch davon ausgeht, dass die Zugewinngemeinschaft eigentlich etwas Gemeinschaftliches ist. Jetzt recht technisch gesehen muss man berücksichtigen, dass das ein ganz schwieriges Gebiet ist. Der BGH rechnet solche unentgeltlichen Zuwendungen unter Ehegatten nicht unter den § 1374 Absatz 2.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Also Schenkungen sind keine Schenkungen unter Ehegatten, sondern alles, was Ehegatten sich unentgeltlich zuwenden, bezeichnet der BGH als sogenannte unbenannte Zuwendung. Ich komme da gleich drauf zurück. Funktion ist, eben solche Schenkungen aus dem 1374 Absatz 2 rauszunehmen, sonst würde der beschenkte Ehegatte nämlich doch viel profitieren.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Erstens kriegt er den Vermögenserwerb und hinterher kann er trotzdem noch Zugewinnausgleich geltend gemacht. Da kann es rechnerisch zu großen Unwuchten kommen und deswegen hat der BGH seit vielen Jahren gesagt, das sind keine Schenkungen, sondern das sind sogenannte unbenannte Zuwendungen. Ich kann davon ausgehen, dass diese Begrifflichkeit von meinem Mann geprägt worden ist in seiner Habilitationsschrift, die Ehegattenmitarbeit.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Manfred Lieb, wenn man Familienrechtsanwälte fragen, dann sagen sie immer die unbenannte Zuwendung, das war ihr Mann. Und der BGH hat natürlich wie immer auch noch sachliche Begründungen dafür. Er sagt, das sind keine echten Schenkungen, weil ja meistens der Schenkungsgegenstand weiter von beiden genutzt wird.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Das ist also nicht die Entreicherung des Zuwendenden, die typisch ist für eine echte Schenkung. Und im Übrigen werden solche Zuwendungen ja so gut wie immer in der Erwartung einer langfristigen Beziehung und des Bestands der Ehe gemacht. Da sagt der Zuwendende also nicht weiter.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Du hast es jetzt und es ist deine Sache. Das kann überzeugen, kann auch nicht überzeugen, aber so wird es eben gemacht und sie merken natürlich auch schon, das gilt nicht für Schmuck oder für Dinge, die völlig klar echte Schenkungen an den Ehegatten sind, von denen man sagt, also das sollte der wirklich für sich bekommen, aber Dinge, die von beiden weiter benutzt werden, fallen aus dem 1374 Absatz raus.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

So und für den Zugewinnausgleich in solchen Konstellationen muss man dann in den Paragrafen 1380 schauen, die Anrechnung von Vorausempfängen, eine extrem komplizierte Vorschrift, nach der sie in der Klausur meines Erachtens nicht gefragt werden. Es wäre im Examen natürlich doll, wenn sie wissen, dass es diese Vorschrift gibt und worum es in der Sache geht.

1:10 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Also ich kann mir nicht vorstellen, dass nach Einzelheiten gefragt wird, aber wenn sie hören, Schenkungen oder Zuwendungen unter Ehegatten, die unbenannte Zuwendung und Paragraf 1380 und jeder Prüfer wird entzückt sein.

49:34 Min
Marc:

Dann haben wir es glaube ich für heute. In der nächsten Folge gibt es dann den Zugewinnausgleich im Todesfall, die Zugewinngemeinschaft und wir beschäftigen uns mit Verfügungsbeschränkungen. Vielen herzlichen Dank Barbara für diese gut 45 Minuten und bis bald.

49:49 Min
Barbara Dauner-Lieb:

Danke.

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