Dr. Lea Babucke, Associate | Freshfields
Wirtschaftsstrafrecht - Internal Investigations - Rechtspsychologie - Unternehmensverteidigung - Durchsuchung - Interviewtechnik - Glaubhaftigkeitsanalyse - Smoking Gun - MeToo-Investigations - Vermögensdelikte - Aufklärung - Compliance - White-Collar Crime - Good Corporate Citizen - Strafanzeige - Ordnungswidrigkeiten - § 263 StGB - § 266 StGB - § 261 StGB
In dieser Episode von IMR geht's erneut um das Strafrecht - diesmal aus Sicht einer Praktikerin: Dr. Lea Babucke beschäftigt sich bei Freshfields in Düsseldorf mit selbigem. Warum hat sie das Thema Rechtspsychologie schon im Studium gefesselt? Wie hat sie anschließend den Weg in die Wirtschaftskanzlei gefunden? Welche Dynamiken entfalten sich bei internen Untersuchungen im Unternehmen? Vertritt man in diesem Fall eher das Unternehmen oder Einzelpersonen? Wie geht man bei Mee-Too-Investigations vor? Antworten auf diese und viele weitere Fragen in der aktuellen Folge. Viel Spaß!
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Freshfields Bruckhaus Deringer ist eine der führenden internationalen Großkanzleien und Teil des britischen „Magic Circle“. In Deutschland arbeiten rund 600 Anwältinnen und Anwälte sowie insgesamt etwa 1.000 Mitarbeitende an den Standorten Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln und München – häufig in eng vernetzten Teams mit Kolleginnen und Kollegen aus über 25 Ländern.
Inhaltlich deckt die Kanzlei das gesamte Wirtschaftsrecht ab, von internationalen Transaktionen über Streitbeilegung bis hin zu Investigations und Zukunftsthemen wie Legal Tech und ESG. Besonders auszeichnet sie die Kombination aus jahrzehntelanger Beratungserfahrung, einem ausgeprägten internationalen Mindset und einer Kultur, die junge Talente früh in anspruchsvolle Mandate einbindet.
Neugierig, wie sich das im Alltag anhört? Schnapp dir deine Kopfhörer und tauch im Podcast Irgendwas mit Recht in die Freshfields-Folgen ein – dort erzählen Associates und Partner aus erster Hand, was die Arbeit in dieser Kanzlei so spannend macht.
Prof. Dr. Klaus-Stefan Hohenstatt , Partner
Konstantin Kohlmann | Lara Friederichs
Patrick Teubner Gomes , Associate
Wirtschaftsstrafrecht fasziniert mich, weil es viel Psychologie beinhaltet und es gerade bei den großen Fällen darum geht, zu verstehen, wie etwas schiefgelaufen ist und wie man es wieder beheben kann.
KI-basiert und kann Fehler enthalten.
Herzlich willkommen zu einer neuen Episode Irgendwas mit Recht. Heute aus dem schönen Düsseldorf, aus dem Büro von Freshfields und ich spreche mit Lea Babucke. Hallo Lea.
Hallo.
Lea, du machst etwas, das hatten wir jetzt schon öfters hier im Podcast, aber ich weiß schon aus unserem Vorgespräch, heute wird es trotzdem ein kleines bisschen anders und die Folge wird etwas anders strukturiert sein, nämlich Wirtschaftsstrafrecht. Ganz genau. Und zwar bist du Überzeugungstäterin. Haha, no pun intended. Wie bist du dazu gekommen?
Also Strafrecht, den Stempel Strafrecht hab ich schon immer drauf.
Jetzt gibt es aber auch Leute, die erzählen, seitdem ich sechs bin und andere seitdem ich im fünften Semester war.
Ja gut, so ehrlich muss man sein, so früh war ich dann doch keine Strafrechtlerin. Wobei man sagen muss, guckt man sich die Kindergarten, was möchte ich mal werden, dann steht da Richterin. Da steht nicht Strafrichterin, aber da steht Richterin.
Ach okay. Hattest du da irgendwie familiäre Vorprägung?
Keine Recht an der Familie. Aber ich wollte das letzte Wort haben.
Entscheiden.
Und Strafrecht kam dann während des Studiums, aber da dann relativ schnell.
Hatte dann nicht ein Motivationsproblem, wenn du nur eine Strafrechtsklausur am Ende hast und so ein ganz viel anderes, was dich nur so halb interessiert?
In der Tat. Also Motivationsproblem nicht, weil öffentliches Recht ist ja in vielen Teilen, da hat man die Schnittstellen, also gerade so Grundrechte und so weiter, da kommt man dann öfter mal hin, Wenn man dann in die Schiene Polizeirecht guckt auch, aber ist schon so, dass das Strafrecht macht ja halt den kleinsten Anteil aus. Wir haben dann aber, ich habe in Hamburg studiert, auch so Veranstaltungen wie Kriminologie viel dabei gehabt als Grundlagenveranstaltung, Rechtspsychologie mit den Schnittstellen.
Da findet man schon den Weg immer wieder ins Strafrecht, wenn man den möchte.
Hast du es dir so ein bisschen so gebaut, wie es halt ging? Ja, genau. Ja, okay. Referendariat dann wo?
Unter anderem hier bei Freshfields in der Wirtschaftsstrafrechtlichen.
In Düsseldorf? Genau. Ah, okay. Bist dann danach rübergegangen?
Genau.
Okay, dieselbe Geschichte mittlerweile fast alle Orten. Das scheint gerade bei Wirtschaftsstrafrechtlern sehr häufig der Fall zu sein.
Man leckt Blut und dann bleibt man.
Wobei neulich jemand sagte, Wirtschaftsstrafrecht bedeutet eigentlich alles außer Blut und Sperma.
Ja, das ist richtig. Also, wobei, aber da kommen wir vielleicht später noch zu. Wir machen ja auch MeToo-Investigations. Das heißt, da sind wir dann manchmal zumindest in die Richtung, sage ich jetzt mal. Aber Blut ist da zum Glück sehr wenig dabei.
Warum denn Strafrecht? Jetzt mal ein bisschen ernsthafter. Also die Faszination gerade im Wirtschaftsstrafrecht für irgendwie große Brutalität und den Axtmörder von Stuttgart, den wir ja auch schon im Podcast thematisiert haben, das wird es nicht gewesen sein?
Nein, es ist so ein bisschen die Schnittstelle. Ich finde gerade bei Strafrecht ist viel Psychologie dabei und auch gerade bei Wirtschaftsstrafrecht ist viel Psychologie dabei. So dieses klassische White-Collar und dann wie gehen die vor, was sind so Gedanken, die man macht, was ist so eine strategische Überlegung, wo geht dann manchmal was schief, wo fällt das Kind in den Brunnen, wie kann man es da wieder rausholen.
Das heißt, das war glaube ich einer der entscheidenden Faktoren und dann muss man ganz klar sagen, das sind die spannenden Fälle, das sind die großen Fälle, das ist das, was die Gesellschaft bewegt. Das ist das, was man sieht, wenn man die Zeitung aufmacht und wo man dann sich fragt, okay, wie ist es denn dazu gekommen?
Wir reden jetzt hier nicht über Wirecard oder sowas, weil wenn man jetzt gerade sinnbildlich die Zeitung aufschlägt vom inneren Auge und ich denke irgendwie, wie ist es denn dazu gekommen und irgendwie an Wirtschaftsstrafrecht, dann denke ich zwangsläufig an diesen Fall, an Wirecard. Wir nehmen mal was anderes, was Konkreteres.
Du erzählst gleich auch ein paar Fälle, ich erfinde jetzt aber erstmal irgendwas, weil ich noch auf was anderes hinaus möchte. Also wir sagen mal, weiß ich nicht, da ist irgendjemand, der hat einfach was veruntreut im Unternehmen, der hat irgendwie Kohle beiseite geschafft auf ein eigenes Konto, ganz plump, ist aufgeflogen.
Was mich interessieren würde ist, was ist aus deiner Sicht der Grund, warum Menschen sowas tun oder die Gründe? Natürlich wird es nicht monokausal sein.
Sehr unterschiedlich. Manchmal ist das so ein Selbstläufer. Man schlittert in was rein und trifft einmal eine falsche Entscheidung und dann ist es eine Kettenreaktion. Manchmal ist es Unaufmerksamkeit und dann auch das Verdeckenwollen von eigener Unaufmerksamkeit.
Manchmal ist es Unwissenheit. Also ja wirklich. Also es ist schon so, dass man manchmal merkt, okay, da wird einmal eine Entscheidung getroffen, weil man nicht weiß, was man macht in dem Moment. Und dann ist es meistens der Cover-up.
Der Cover-up, der es dann wirklich problematisch macht und der dann so eine Kette in Gang setzt. Und natürlich, und das gehört so weit dazu, ist es auch Gier und Geltungsdrang und Strahlen möchten an der einen oder anderen Stelle.
Und dieses Cover-up ist dann eigentlich, um es nochmal in anderen Worten zu sagen, auch so ein bisschen die Schadensvertiefung, dadurch wird es dann erst so richtig schlimm.
Dadurch wird es erst so richtig schlimm und dadurch begibt man sich in neue Problemfelder rein, die dann dafür sorgen, dass man Lösungsstrategien oder vermeintliche Lösungsstrategien entwickelt, die dann eigentlich zur nächsten Straftat führen und die dann zur nächsten Straftat und dann weiß man nachher nicht mehr, wie man rauskommt.
Wie kommen solche Fälle zu euch? Wer wendet sich an euch, um zu sagen, hey, passt mal auf, ich glaube hier bei uns im Unternehmen ist irgendwie, läuft was schief?
Es ist unterschiedlich, also erstens, also gerade beim Strafrecht ist es oftmals so, dass wir Mandanten und Mandanten haben, die eigentlich wegen anderer Fragestellungen sich an Freshfields wenden, arbeitsrechtliche Fragestellungen oder gesellschaftsrechtliche Fragestellungen und merken dann, dass vielleicht im Unternehmen an der einen oder anderen Stelle irgendwas nicht so optimal läuft und wenden sich dann vertrauensvoll an Anwälte bei Freshfields und sagen dann im Moment, ihr habt doch da auch irgendwie Strafrechtler bei euch und dann ist das sozusagen Inhouse.
Aber, muss man auch sagen, unsere Partner sind sehr bekannt auch in der Szene, also jetzt eine Simone Kämpfer, die kennt man doch durchaus, die hat auch lange in einer Boutique gearbeitet, genauso wie Daniel Travers, der auch lange in einer Boutique gearbeitet hat und Norbert Nollte, die einfach Erfahrungen haben, Endloserfahrungen im Bereich Investigations. Und wenn man dann merkt, okay, wir brauchen hier jemanden, der das von Grund auf auch mit gewisser Manpower aufklärt, dann ist das relativ natürlich, dann zu so einer großen Kanzlei wie unserer zu kommen.
Ich stelle mal eine naive Frage. Wenn ich jetzt von Internal Investigations gar keine Ahnung habe und sage, da ist eine Straftat, warum gehe ich denn dann nicht zur Polizei?
Ja, also erstmal, da ist eine Straftat, ist schon etwas, was die meisten Unternehmen gar nicht so sagen können oder Führungspersonen innerhalb eines Unternehmens. Die wissen dann irgendwie am Ende des Tages, da ist irgendwas komisch. Ist das jetzt eine Straftat? Ist da überhaupt irgendwas passiert oder ist das gerade ganz natürlich und einfach eine komische Entwicklung, die es in jedem Unternehmen auch mal geben kann? Das heißt, das allererste, was sie machen müssen, ist überhaupt erst mal feststellen, was ist das da? Und dann kann es sein, dass man feststellt im Rahmen der Aufklärung, also man geht dann zu Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und fragt mal, okay, wie ist denn dieser Prozess hier zu verstehen? Was hat es denn mit dieser Unterlage auf sich? Wie kommt denn dieser Wert hier zustande? Dass man dabei dann merkt, ah, das ist gar kein Strafrecht.
Das ist hier irgendwie ein arbeitsrechtliches Problem, das ist ein steuerrechtliches Problem oder so. Also da sind wir gar nicht in dieser Ebene. Manchmal gibt es dann die Konstellation, dass man merkt, es ist Strafrecht, da ist eine Straftat passiert und da muss man sich als Unternehmen fragen, ist das jetzt an der Stelle sinnvoll, mit der Staatsanwaltschaft zusammenzuarbeiten zum Beispiel, denn man ist nicht verpflichtet, in jedem Fall eine Strafanzeige zu erstatten.
Das Unternehmen kann sich das sehr gut überlegen. Manche finden das sehr wichtig, so im Sinne von Good Corporate Citizen nennt sich das dann oftmals, also wenn irgendwas vorgefallen ist, dann wollen wir das aufklären, dann wollen wir auch hier ganz transparent sein und es allen mitteilen. Und manchmal ist das aber gar nicht die richtige Entscheidung für ein Unternehmen und auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, denn ja, da ist irgendwas schief gelaufen, aber vielleicht ist es dann besser, das abzustellen, aufzuklären, was da genau falsch gelaufen ist und dafür zu sorgen, dass das nicht mehr passiert.
Aber jetzt nicht da jemanden die Karriere zu verbauen, dafür zu sorgen, dass jemand vielleicht auch eine Strafe zahlen muss, oder Geldstrafe zahlen muss oder tatsächlich sogar den Weg ins Gefängnis findet.
Machen wir es mal konkret. Kannst du ein, zwei Beispiele nennen, woran ihr so gearbeitet habt oder gerade arbeitet?
Bei uns ist das Spannende, dass wir sehr unterschiedliche Dimensionen an Mandaten haben. Das heißt, wir haben sozusagen die ganz klassische Unternehmensverteidigung. Da haben wir ein großes Mandat.
Lass mich kurz einhaken, weil du sagst Unternehmensverteidigung. Wir haben ja in Deutschland zwar eine große Diskussion darum, ob ein Unternehmen überhaupt ein Subjekt im strafrechtlichen Sinne sein kann. Du meinst natürlich nicht, dass das Unternehmen eine strafrechtliche Strafe kriegen soll, sondern?
Das sind Ordnungswidrigkeiten, die das Unternehmen dann trifft. Also das heißt Einzelpersonen innerhalb des Unternehmens, ganz klassisch sozusagen das Management, die können natürlich auch einzelne Straftat begehen, jeder Mitarbeiter kann eine Straftat begehen. Aber das Unternehmen selbst kann auch mit einer Geldbuße belegt werden.
Und dann ist es so, dass natürlich auch das Unternehmen sich dagegen zur Wehr setzen kann und sagen kann, nee, also das ist nicht richtig, das sollte uns hier in diesem Fall nicht treffen, weil.
Und dadurch entsteht ja ein ganz interessantes Spannungsfeld, weil die Frage dann ja am Ende des Tages auch ist, muss eigentlich Adressat der Sanktion, auch wenn es eine Ordnungswidrigkeit ist, das Unternehmen sein oder vielleicht das Management oder sitzen die eigentlich zusammen im Boot und genau, ja und das ist eine spannende Dynamik, könnte ich mir vorstellen.
Absolut, ja und vor allen Dingen stellt sich dann ganz oft die Frage bei dieser klassischen Unternehmensverteidigung, mit wem rede ich denn jetzt und mit wem baue ich die Verteidigungsstrategie für das Unternehmen auf und meistens ist das nicht eine Person. Also ganz klassisch denkt man sich ja CEO oder sowas, der, die, die das Unternehmen leiten.
Dem muss ich fragen, in welche Richtung geht das. Aber gerade bei den sehr, sehr großen Unternehmen wechselt die Führungsebene dann ja auch. Und dann ist es nicht die einzelne Führungsperson, der dann die Verteidigung gilt, sondern dem Unternehmen.
Und da muss man schauen, was ist das Interesse des Unternehmens und wie finde ich dieses Interesse am besten heraus.
Ich hatte dich unterbrochen, was den konkreten Fall angeht.
Ja, das ist ein Unternehmen in der Produktionsbranche und da war das super spannend, weil eines Morgens hatten wir da den Anruf, da natürlich von einer Führungsperson innerhalb des Unternehmens, die dann meinten, Liebe Kollegen, hier stehen jetzt 60 Beamte vor Ort. Wir haben eine Durchsuchung.
Und dann ist es natürlich hier zack, zack, zack. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in dem Bereich Wirtschaftsstrafrecht arbeiten, die müssen dann vor Ort sein und dann gilt es erstmal die Durchsuchung zu begleiten. Da wissen wir meistens noch gar nicht, worum geht es.
Wir kriegen natürlich den Durchsuchungsbeschluss und können es ein bisschen einlesen. Aber in diesem Fall war es so und in anderen Fällen ist es ähnlich, dass wir noch gar nicht genau wissen, was ist denn der Vorwurf vorher, dass es nicht eine Mandantin, die wir jetzt schon ewig begleitet haben, wo wir wussten quasi, irgendwann steht da die Staatsanwaltschaft vor der Tür.
Das heißt, da muss man dann so on the spot sich den Durchsuchungsbeschluss durchlesen und überlegen, okay, wie gehen wir jetzt vor, wie können wir am besten unterstützen. So das Ganze ist ein Anfang genommen.
Und da geht es dann vor allem darum, ich meine der Besuchungsdurchschluss ist ja in der Welt, den kriegst du logischerweise auch nicht weg.
Naja, manchmal schon.
Manchmal schon, ja.
Also Klassiker sind dabei ja, was ist zum Beispiel, wie alt ist denn der Durchsuchungsbeschluss? Wenn der jetzt acht Monate alt ist, ja, dann ist er ja hinfällig. Was steht denn da genau drin? Geht es um ein bestimmtes, zum Beispiel einen Klienten der Mandantin oder einen bestimmten Sachverhalt, ja dann kann man aber ziemlich viele andere Unterlagen nicht mitnehmen.
Oder ist da überhaupt der richtige Ort benannt? Also das heißt, wir gehen dann in eine Dependance der Mandantin und schauen dann, ach ok, der Durchsuchungsbeschluss betrifft aber einen ganz anderen Ort, hier dürfen sie nicht rein.
Dass das inhaltlich in Einschränkungen unterliegt ist klar und dass du vielleicht auch vertrauliche Kommunikation hast, die da nicht beschlagnahmt werden kann, das ist logisch. Aber passieren wirklich auch solche groben Schnitzer, wie du sie gerade beschrieben hast?
In dem Fall, den ich jetzt vor Augen habe, leider nicht. Da war alles richtig und es wurden sogar mehrere Filialen gleichzeitig durchsucht und wir waren dann eben auch mit mehreren Anwältinnen und Anwälten vor Ort. Haben das ganze an diesem Tag begleitet und dann ging es natürlich erst ins Eingemachte, denn danach muss man überlegen, okay, was genau ist denn der Vorwurf und wie genau ist denn die Verteidigungsstrategie in dem Fall.
Und da gilt es dann eben, sich mit verschiedensten Personen in dem Unternehmen zu unterhalten und zu überlegen, haben wir irgendwie eine Handhabe gegen diesen Vorwurf und wenn ja, wie wollen wir uns verteidigen? Man kann natürlich auch sehr, sehr offensiv damit umgehen und dann immer dieses Stichwort corporate citizen, okay, irgendein Kind ist in einen Brunnen gefallen, dann lass uns gemeinsam aufklären, wo das ist und dann gemeinsam eine Lösung finden, denn wir als Unternehmen sind daran interessiert.
Oder man ist dann eher ein bisschen verschlossener und sagt, nein, dann soll es erst mal kommen.
Da schließen sich ganz viele Fragen an, deswegen diese kurze Pause. Die erste Frage ist, da bildet sich ja wahrscheinlich bei dir so ein Bild von dem, was da womöglich passiert ist in der Vergangenheit, was dadurch auch immer fortgeführt wird, wenn ihr mit mehr Leuten sprecht, weil du immer wieder verschiedene Perspektiven auf etwas bekommst.
Wirst du da teilweise schon mal so richtig überrascht oder geht es meistens so ungefähr in die Richtung, wo du von Anfang an schon ein Bauchgefühl hast?
Man entwickelt mit der Zeit ein Bauchgefühl. Also ich glaube, je mehr man gesehen hat, desto abgebrühter denkt man manchmal auch. Aber grundsätzlich wird man auch ab und zu mal überrascht. Aber das ist vielleicht auch gerade das Spannende daran.
Es ist eben nicht wie im Studium. Man hat so den Sachverhalt, der vorgegeben ist. Man entwickelt sich den selbst, beziehungsweise man muss Personen befragen, um da den Sachverhalt herauszukitzeln und es ist auch keine einzelne Person, die weiß, was genau stattgefunden hat.
Es sind mehrere und das ist dann irgendwann, also objektive Wahrheit gibt es das überhaupt, aber irgendwann kriegt man dann so ein Gefühl dafür, was überhaupt passiert ist und muss es dem Unternehmen dann ja auch sagen, weil die wissen es ja selber nicht. Und erst aus diesem Zusammensetzen dieser ganzen Puzzleteile bekommt man dann irgendwann ein vollständiges Bild.
Das ist nie ganz genau so, wie man am Anfang überlegt hat. An entwickelten Bauchgefühlen.
Wenn du sagst, wir müssen es dem Unternehmen dann ja auch sagen, das hört sich so ein bisschen an, wie das ihr dann ein Report schreibt oder wie funktioniert das an der Stelle?
Genau, meistens ist es ein Report, bei dem wir dann erst sozusagen zusammenfassen, okay mit wem haben wir denn überhaupt gesprochen, was ist unsere Quellenbasis, sag ich jetzt mal und was haben wir jetzt auf Basis dieser Quellen für eine Vorstellung vom Sachverhalt. Es kann im Rahmen von einer Präsentation erfolgen, es kann im Rahmen von einem ganz langen Bericht erfolgen, das ist mal unterschiedlich, kommt drauf an, was die Mandantin lieber hat.
Und wenn du sagst, wir berichten dann natürlich auch, mit wem haben wir da gesprochen, woher hast du denn diese Technik? Da jetzt mit vielleicht gestandenen Managern auch, die seit 20 Jahren im Job sind, du bist jetzt im dritten Jahr, so auch zu sprechen. Ich sage mal auch, dass die das sich auch ernst nehmen, könnte ich mir teilweise vorstellen, wenn man mal so von dem einen oder anderen sehr konservativen Menschen da draußen ausgeht und dann auch noch in der Führungsrolle.
Könnte ich mir vorstellen, dass es auch hier und da eine Challenge ist, da sozusagen dann tatsächlich auch erst mal ein bisschen unter die Haut zu kommen bei deinem Gegenüber.
Das ist richtig. Vielleicht vorab, man wird hier nie alleine gelassen. Das heißt, man wächst da auch rein und die Kolleginnen und Kollegen, die das jetzt hier alle gemeinsam machen, die haben dann mit der Zeit die Erfahrung gesammelt. Und wir haben dann auch wirklich sehr versierte Partner, die das jahrzehntelang gemacht haben und genau wissen, hier gibt es einen Kniff, da gibt es einen Kniff, so kann man vorgehen.
Da wird auch dann wahrscheinlich dem Gegenüber schon klar sein, dass es jetzt eine ernsthare Situation ist?
Auf jeden Fall. Und so viel Transparenz muss dann auch sein. Also es ist jetzt nicht so, dass wir da versuchen, irgendjemanden hinter das Licht zu führen oder dafür zu sorgen, dass jemand über irgendwas stolpert. Das ist nicht unsere Art.
Da sind wir schon sehr transparent und direkt. Und bei mir persönlich ist es so, dass ich tatsächlich einfach so eine Leidenschaft immer schon für das Thema Rechtspsychologie hatte, also Psychologie generell, und mich damit intensiv beschäftigt habe. Das heißt Interviewtechnik, Glaubhaftigkeitsanalyse, also wie merkt man, ob jemand die Wahrheit sagt, wie stellt man vielleicht auch Fragen so geschickt, dass jemand einer Lüge überführt wird.
Jetzt gar nicht bösartig oder mit Trick, sondern einfach einen stringenten Interviewaufbau im Prinzip. Wie strukturiert man sowas?
Wie denn? Wenn du jetzt nicht zwei Stunden Vortrag, aber so in Kürze, was dazu sagen kannst, vielleicht so ein, zwei Snippets, die man, wenn man sagt, das klingt ganz spannend, mal vertieft nachlesen kann.
Also wie du es schon angedeutet hast, da gibt es intensive und verschiedene Theorien und Modelle, wie man das genau machen kann. Und es ist auch immer ein bisschen spezifisch, je nachdem, was für ein Interview man führt. Es gibt sehr unterschiedliche Arten von Interviews.
Jetzt ganz klassisch, wenn wir mal ins Strafrecht gucken, das Interview mit einem Beschuldigten ist natürlich grundsätzlich anders als das Interview mit einem Zeugen. Aber wie baut man das auf? Grundsätzlich am Anfang hat man so eine Phase, wo man erst mal das Gegenüber kennenlernen muss.
Das heißt, man spricht eigentlich über etwas völlig anderes, meistens so unverfängliche Dinge wie, wie sind Sie heute hergekommen? Vielleicht auch schon noch ein bisschen der berufliche Werdegang geht schon ein bisschen dann in die Richtung, die dann relevant wird nachher, ist aber noch allgemeine Information.
Baseline sozusagen.
Im Prinzip, genau. Und kriege ich dann ein Gefühl dafür, wie reagiert jemand auf Antworten, was ist das Aufregungslevel, wie sind vielleicht auch Antworten strukturiert, wie viel Zeit braucht jemand, bevor man die nächste Frage stellt. Das heißt, ganz viel ist da auch in dem Moment des Interviews selbst zu entscheiden.
Und dann ist es natürlich aber auch ein Aufbau des Interviews, der vorher erfolgt, wo man dann überlegt, okay, wann mache ich zum Beispiel einen Vorhalt. Also das heißt, wenn wir jetzt im Rahmen einer internen Untersuchung, also in einem Unternehmen, eine Unterlage gefunden hat, so ein, wir nennen das dann Smoking Gun, wo dann im Prinzip drin steht, oh je, hätte ich das Geld mal nicht eingesteckt oder sowas in der Richtung.
Wahrscheinlich unfassbar, wie viel dummes Zeug die Leute dann doch irgendwie zu Papier oder in E-Mail bringen, oder?
Ja, in der Tat. Man ist immer wieder überrascht. Man denkt dann so, nee, also das kann nicht sein. So was schreibt doch niemand. Doch, doch, tatsächlich. Manche Dinge werden geschrieben.
Okay, zurück zur Smoking Gun in der Befragung.
Wann legt man sowas vor? Also natürlich nicht gleich am Anfang. Dann sind die Leute komplett mannig und sagen nichts mehr. Auch nicht ganz am Ende, denn man möchte niemanden mit diesem Gefühl rauslassen, so jetzt hab ich dich und hier keine Chance mehr und so weiter.
Das heißt, man muss genau sich überlegen, an welcher Stelle passt es und mit welcher Frage begleite ich das Ganze. Meistens ist es eben nicht nur die eine Smoking Gun, sondern es sind verschiedene Themenfelder. Und welches ist das Themenfeld, was ich zuerst ansprechen möchte, weil es vielleicht sinnvoll ist, das vor dem anderen zu machen, weil man da vielleicht dann nochmal ganz andere Antworten herauskitzeln kann.
Und das ist Interviewplanung und das ist Interviewstrukturierung und das lernt man on the job, aber das kann man auch sehr wissenschaftlich ergründen.
Das ist total interessant, weil sich das extrem deckt. Ich habe lange Jahre Verhandlungsberatung für Wirtschaftskanzleien gemacht und das ist eigentlich von der Theorie, die darunter liegt, sehr vergleichbar, weil du dir da auch die Frage stellst, wann bringe ich eigentlich den Big Point in einer Verhandlung her. Ganz am Anfang zerstört es das Verhältnis, du musst erst ein bisschen was aufbauen, ganz am Ende funktioniert es nicht mehr, weil...
So will man auch niemanden entlassen.
Genau, und irgendwie dann hast du auch die Gefahr, dass es nochmal irgendwie von vorne anfängt, wenn du jetzt das Timing nicht so kontrollieren kannst zum Beispiel. Genau das Gleiche, dass du auch sagst, ja wir haben vielleicht erst einen kleineren Punkt, wo man ein bisschen auch mal schaut, wo man gerade steht, dann bringen wir den Big Point, weil wir wissen, da fahren wir dann eh in die Sackgasse, dann haben wir aber noch drei, vier andere Themen dahinter.
Total interessant, dass diese Wirkmechanismen da so die gleichen sind.
Ja und dann kommt es aber eben ganz, ganz stark auch auf das Gegenüber an und die Art des Interviews. Also ist das jemand, von dem wir mehr Informationen haben möchten? Das heißt, muss ich da jemanden dazu bekommen, dass er redet? Oder ist das im Prinzip ein Interview, in dem ich konfrontieren möchte mit Erkenntnissen, die ich schon habe? Und je nachdem ist das natürlich eine ganz andere Form der Befragung und ganz andere Beziehungen, die man da aufbauen muss.
Gut, dann haben wir so ein kleines bisschen besprochen, wo sozusagen auch die persönlichen Fähigkeiten daherkommen. Gehen wir noch mal ein bisschen in ein, zwei Fälle rein. Das Produktionsunternehmen haben wir jetzt sozusagen angeteasert.
Du hast mir noch von jemandem erzählt im Vorgespräch, ich weiß nicht, ob das dort war oder woanders, dass es wirklich auch den Fall schon mal gibt, dass jemand einfach auf Firmenkosten private Sachen abrechnet?
Absolut, ja. Das ist dann so ein klassisches Feld einer Investigation. Also das heißt, wir werden im Prinzip von der Mandantin angerufen und da gibt es irgendwie eine Unstimmigkeit oder Fragen, die man sich stellt im Unternehmen. Und das heißt dann, Freshfields, könnt ihr hier mal reinkommen und aufklären, was da überhaupt sich zugetragen hat, weil hier sind irgendwie Vorwürfe im Raum, meistens oder häufig gegenüber einer Führungskraft.
Ja, weil die natürlich auch ziemlich viel, ich sag mal, wenn du viel unterwegs bist, Reisekosten hast, Kosten hier, Kosten da, okay.
Genau, und dann in dem Fall, den wir eben auch so ein bisschen besprochen haben, war es so, dass das Unternehmen auch da im Bereich Produktion, da gab es Vorwürfe, da gab es auch schon so ein bisschen Gerüchte gegenüber einer Führungskraft und zwar, dass da Firmengelder für private Zwecke verwendet wurden, also zum Beispiel Besuche von Konzerten, aber eben auch die Organisation von ganz großen Veranstaltungen, privaten Veranstaltungen auf Kosten des Unternehmens.
Und was wir da gemacht haben, ist sehr spannend, weil wir waren da vor Ort. Wir sind in das Unternehmen im Prinzip reingegangen. Wir haben uns Unterlagen angeschaut, ganz klassisch, wie man das so macht, E-Mails durchforstet, aber auch Abrechnungen uns angeguckt und auch da die Smoking Gun gesucht und mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gesprochen, wie hat sich diese Führungskraft verhalten? Wo war die überall? Welche Kontakte hatte diese Führungskraft? Und da war es auch so, dass wir einige Smoking Guns gefunden haben.
Was war das konkret? Kannst du das sagen?
Es waren mehrere Kleinigkeiten, aber es war vor allen Dingen ein großes Event, ein privates Event, das dann auf Firmenkosten stattgefunden hat.
Und das ist sportlich. Ich vermute dann ja auch nicht für 300 Euro.
Nein, eher nicht in der Größenordnung. Eher etwas, weswegen man zu verschätzt geht.
Ja, okay. Ich glaube interessant in dem Zusammenhang ist noch der Punkt, den du gerade so zwischen den Zeilen angesprochen hast, nämlich die Motivation des Unternehmens, was aufklären zu lassen. Es muss ja nicht notwendigerweise so sein, dass man jemanden loswerden möchte, ne?
Nein, absolut nicht. Also es kann auch sein, dass es eben diese Gerüchte im Unternehmen gibt gegen eine absolut integre und fähige Führungskraft und man möchte diese Führungskraft gerade auch nicht beschützen, aber im Prinzip dafür sorgen, dass sie wieder unbehelligt arbeiten kann. Also das heißt, das Unternehmen muss gar nicht unbedingt jetzt jemanden loswerden wollen.
Sonst kann einfach sein, dass es darum geht, diesen Gerüchten irgendwie Einhalt zu gebieten und gleichzeitig aber auch zu dokumentieren, okay, wir nehmen das ernst. Wenn hier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vielleicht entweder einen anonymen Hinweis absetzen oder wenn das irgendwie, das ist dann so das stille Post-Phänomen oder Flurfunk, wenn das die ganze Zeit immer wieder die Runde macht, dass dann irgendwann ein Unternehmen auch sagt, nee, dem Ganzen müssen wir jetzt mal ordentlich nachgehen, weil wir als Unternehmen möchten auch nicht, dass Gerüchte dieser Art über uns oder über einzelne Führungskräfte existieren.
Und wenn da was dran ist, dann reagieren wir. Aber wenn da nichts dran ist, wollen wir das auch festgestellt wissen und zwar genauso.
Jetzt haben wir viel gesprochen über Geld.
Wirtschaftsstrafrecht.
Jetzt würde ich gerne noch über eine nicht ganz so monetär getriebene Straftat sprechen und dann noch ein bisschen über Jura tatsächlich. Wir haben jetzt über fast alles außer Recht gesprochen, zumindest materiellen Recht, sondern viel natürlich über deinen Beruf und so ein bisschen Einblicke gegeben, was du hier machst.
Aber wir kommen gleich noch auf ein, so der Teaser für die Nerds jetzt, weißt du. Wir kommen gleich noch auf ein juristisches Problem zum Ende zu sprechen. Vorher würde ich aber gerne wissen, MeToo-Fall hast du eben gesagt, was ist das?
Also MeToo in aller Munde, 2017 Harvey Weinstein Skandal und seitdem immer wieder in verschiedensten Kontexten der Vorwurf, gerade auch innerhalb von Unternehmen, dass sich meistens auch da Führungskräfte oder Führungsebene nicht korrekt verhalten haben, meistens gegenüber Mitarbeiterinnen, aber gar nicht immer. Also es behält sich die Waage dann fast schon mittlerweile.
In irgendeiner Form. Meistens sind es anzügliche Bemerkungen, kann aber auch gravierender sein, Berührungen, die stattgefunden haben, klassischerweise bei einem Abend-Event oder bei einer Firmenveranstaltung, die über ein Wochenende gegangen ist und da dann Übergriffe in kleinerer, größerer Form.
Würdest du sagen, dass man da mittlerweile gesellschaftlich an dem Punkt angekommen ist, wo es eine Null-Toleranz-Politik gibt?
Ja, also wir sind auf jeden Fall auf dem, also eine Null-Toleranz-Politik, das ist immer so ein Absolutismus. Vielleicht war das erste Ja von mir da ein bisschen sportlich, aber wir sehen auf jeden Fall, die Unternehmen müssen sich positionieren und das tun sie.
Und wir haben sehr viele MeToo-Investigations und wir sehen, dass Unternehmen da schneller reagieren, als sie es noch vor einigen Jahren gemacht haben.
Zumindest sich das Thema mal anzuschauen, ob was dran ist.
Genau, sich das Thema anzuschauen und dann auch zu sagen, nee, das wollen wir richtig ordentlich aufgeklärt wissen. Genauso ordentlich, wie wir an andere Stelle herangehen, wenn es um Geld geht sozusagen. Hier geht es um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und hier geht es um schwärmigende Vorwürfe und dass man das dann aufklärt und schaut, was da ist und dann auch adäquat reagiert.
Das sind auch die Schutzpflichten, die da ein Unternehmen gegenüber seinen Mitarbeitern hat und das wird ernst genommen.
Interessant finde ich das, weil das bislang auch in unseren Folgen hier zum Thema Wirtschaftsstrafrecht noch so ein bisschen wenig beleuchtet wurde, dass das auch einfach ein zusätzliches Betätigungsfeld heutzutage ist.
Naja, man muss ganz klar sagen, bei so einem MeToo-Vorfall, jetzt wenn man auch blanke Zahlen und dann sind wir wieder beim Thema Geld uns anschaut, ein MeToo-Vorfall kann dazu führen, dass sozusagen der Kapitalmarkt empfindlich reagiert. Also da gibt es Studien zu und basierend auf den diversen Fällen, die auch aus Funk und Fernsehen bekannt sind, wo es dann so einen richtigen Dip im Markt im Prinzip gab, nachdem so ein Vorfall bekannt geworden ist.
Und das muss noch nicht mal dann nachher ein erwiesenermaßen existierender Fall gewesen sein, sondern allein wenn dieses Gerücht entsteht, kann das erhebliche Auswirkungen für ein Unternehmen haben.
Dann jetzt noch mal ein bisschen was materiell rechtliches. Ich habe dich vorhin im Vorgespräch gefragt, sag mal, gibt es denn auch so richtige Jura-Probleme und dann hast du gesagt, ja und zwar gar nicht so in der tief komplexen Materie, mit der man ohnehin erst im Job was zu tun hat, sondern im Prinzip ganz einfaches StGB.
Du glaubst gar nicht, wie kompliziert Betrug sein kann. Erklären bitte.
Ich hatte die Erwartungshaltung, nachdem ich im Studium so Vermögensdelikte, eine Vorlesung da besucht habe und im Prinzip den Betrug rauf und runter mit den verschiedensten Theorien gelernt habe, dass mich nichts mehr schocken kann, was so Klassiker anbelangt, Betrug, Untreu und so weiter. Das, was man erwartet im Wirtschaftsstrafrecht.
Und es ist immer wieder so, dass wir Fallkonstellationen haben, in denen wir dann merken, da ist überhaupt nichts zugeschrieben. Da gibt es irgendwie wissenschaftlich noch gar nichts an der Stelle. Wir versuchen dann oftmals die Lücke zu schließen mit eigenen Publikationen und wir haben hier einige bei uns, die ganz ganz tolle Beiträge schreiben.
Aber es ist immer wieder so, dass man auf neue Sachen stößt. Ein Beispiel ist immer der Betrug durch Unterlassen. Wenn da das Kind schon mal in den Brunnen gefallen ist und Gelder zum Beispiel bei einem Unternehmen gelandet sind, die da nicht hätten landen dürfen.
Was sind dann die nächsten Schritte? Muss das Unternehmen das zurückzahlen und wenn es das nicht tut, welche betrugsrechtlichen Problematiken können sich daraus vielleicht entwickeln? Gibt es sowas wie eine In-Grenz-Garanten-Stellung, die dazu verpflichtet, da dann alles zurückzuzahlen? Gibt es sie nicht? Und das ist nochmal ganz abstrakt von anderen Fragen, die sich dann vielleicht stellen, wie Geldwäsche-Problematiken, wenn man das Geld dann verwendet für Unternehmensinteressen.
Und da dann immer in die Tiefe reinzugehen, das macht unheimlich viel Spaß. Da macht man dann tatsächlich wieder so richtig klassisches Strafrecht und ist dann, wie gesagt, hier auch wissenschaftlich durchaus mal unterwegs.
Ich finde, das war sehr gute Werbung für deinen Beruf als Associate und vor allem aber auch für dein Rechtsgebiet. Vielen herzlichen Dank.
Sehr, sehr gerne.
Tschüss.
Ciao!
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