"Für mich war es auch ganz wichtig die Kanzlei schon zu kennen, bevor ich als Anwältin dort einsteige."

Personal Development | Restructuring | Finance

Folge 154 deines Jura-Podcasts zu Job, Karriere und Examensthemen.

In der neuen Folge von Irgendwas mit Recht begrüßen wir Dr. Marlene Ruf und Dr. Barbara Dunkel. Beide arbeiten am Münchener Standort von Kirkland & Ellis – Marlene als Partnerin im Bereich Restructuring und Barbara als Associate im Finance-Bereich. Was verbirgt sich hinter Begriffen wie Liquidität und Kapitalstruktur eines Unternehmens? Worum geht es bei Restrukturierungen oder Financing? Warum ist Eigenkapital teurer als Fremdkapital? Wie läuft die Mandatsarbeit in einer Großkanzlei ab? Nicht nur auf diese Fragen geben euch Marlene und Barbara spannende Antworten: Erhaltet außerdem interessante Tipps zu Eurem Personal Development sowie dazu, welche Punkte für einen gelungenen Kanzleieinstieg wichtig sind. Viel Spaß beim Zuhören!

Inhalt:

  • 00:00 Sponsor: Kirkland & Ellis
  • 00:09 Einleitung
  • 00:45 Vorstellung Marlene & Barbara
  • 11:27 Restrukturierungen
  • 17:07 Financing, Eigen- & Fremdkapital
  • 20:25 Internationale Komponenten
  • 23:01 Der Ablauf eines Mandats
  • 27:22 Tipps Personal Development
  • 30:30 Voraussetzungen für einen Einstieg

Verwandte Episoden

Sponsor dieser Episode: Kirkland & Ellis

Feedback/Support zur Folge:

Apps & IMR auf Social Media:

Happy Listening 🎉 und vielen Dank für Euer Feedback! 🙏🏼

Transkript


Dr. Marlene Ruf 0:00:34
Hallo Marc.
Dr. Barbara Dunkel 0:00:36
Hallo Marc.
Dr. Marlene Ruf 0:08:12
Nein, tatsächlich nicht. Also ich habe das Jurastudium sehr, sehr offen begonnen. Ich wusste, man kann viel damit machen. Was das dann bei mir konkret sein sollte, da hatte ich am Anfang wenig Vorstellung davon. Ich habe dann Praktika gemacht. Ich habe auch damals schon Praktika in Großkanzleien gemacht. Und zur Großkanzlei gekommen bin ich dann tatsächlich über das Referendariat. Also Referendariat und danach nochmal wissenschaftliche Mitarbeit, weil man da tatsächlich auch die Kanzleien ganz gut kennenlernt. Zuvor Praktikum finde ich wichtig, ist gut, ist aber tatsächlich auch ein sehr, sehr kurzer Zeitraum und man ist halt wirklich noch relativ früh in seiner Ausbildung. Das heißt, bekommt auch nicht zwingend alles wirklich mit in der Kanzlei, auch wenn einem das auch oft so dargestellt wird und wenn man sich sehr darum bemüht, ist es doch nochmal etwas ganz anderes, wenn man dann gegen Ende seiner Ausbildung im Referendariat oder als wissenschaftlicher Mitarbeiter eine Kanzlei kennenlernt, weil man dann wirklich schon anwaltsnah tatsächlich arbeitet. Und das habe ich gemacht, also ich habe eine Anwaltsstation gemacht, ich habe auch eine Warnestation damals in der Kanzlei gemacht und hatte dann noch die Promotion, wo ich mir nochmal zwei Kanzleien angeschaut habe und bin dadurch Ich bin dadurch dann dazu gekommen, dass ich dann auch Anwältin werden wollte. Für mich war es auch ganz wichtig, die Kanzlei schon zu kennen, bevor ich als Anwältin dort einsteige. Ich hatte über die Ausbildung verschiedene Kanzleien kennengelernt. Bei einigen konnte ich mir sehr gut vorstellen, da anzufangen, bei anderen eher nicht. Das spricht jetzt auch nicht im Einzelnen gegen die Kanzlei, sondern heißt einfach nur, dass wir nicht so gut zusammengepasst haben. Und ich finde es ganz wichtig, dass man als Anwältin zur Kanzlei und auch zum Team passt, weil man arbeitet sehr viel mit seinen Kollegen zusammen. Man verbringt im Endeffekt, da muss man ja auch ehrlich sein, sehr, sehr viel Zeit mit seinen Kollegen. Man verbringt sehr viel Zeit mit der Arbeit. Und dann muss auch tatsächlich das Umfeld stimmen. Und mit Umfeld meine ich sowohl die Kollegen als aber auch das Kanzleisetting. Wie ist die Kanzleikultur? Und auch die muss passen. Und die lernt man am besten kennen, indem man in der Kanzlei tätig ist.
Dr. Marlene Ruf 0:13:09
Die noch nicht insolvent sind, genau. Das ist wichtig. Also bei uns geht es um Insolvenzvermeidung. Muss man auch ehrlich sein, nicht in jedem Fall lässt sich die Insolvenz vermeiden. Aber wir probieren es und in den meisten Fällen, die bei uns auf dem Tisch landen, klappt es auch. Hintergrund ist, dass eine Insolvenz ist eigentlich wertvernichtend oder wertmindernd zumindest. Und oft lassen sich Ergebnisse eben auch außerhalb der Insolvenz erzielen und man muss da nicht durchgehen und diese Wertminderung dadurch nicht durch die Insolvenz in Kauf nehmen. Ich hatte gerade gesagt, die Unternehmen haben oft eine zu hohe Schuldenlast. Diese Schuldenlast entsteht oft dadurch, wenn Private Equity Unternehmen ein Unternehmen kaufen und verkaufen. Dann wird es zum zweiten Mal verkauft, dann wird es zum dritten Mal verkauft. Und jeder Käufer geht von einem weiteren Wertzuwachs aus. Jeder Käufer geht davon aus, dass sich das Unternehmen positiv entwickelt. Das geht lange gut und das geht in vielen Fällen auch dauerhaft gut, in manchen aber nicht. Und dann reicht es diesen Unternehmen schon, dass es gerade nicht mehr bergauf geht, sondern dass es stagniert. Man hat nur diese großen Verbindlichkeiten, diese Finanzverbindlichkeiten, die vielleicht in zwei, drei Jahren oder auch in einem Jahr fällig sind, die man weder zurückzahlen noch refinanzieren kann. Und dann geht es in die finanzielle Restrukturierung. Und dann sitzt man an einem Tisch mit Gläubigern, mit dem Unternehmen selbst, mit dem Management, mit den Gesellschaftern. Und schaut, wie sich diese Situation lösen lässt, sodass das Unternehmen weiter am Markt besteht.
Dr. Marlene Ruf 0:15:16
Also wir beraten sehr häufig Finanzinvestoren, also Londoner Hedgefonds, die anders als Private Equity Fonds allerdings nicht das Eigenkapital an Unternehmen halten, sondern eben das Fremdkapital. Und unter den typischen Fremdkapitalinstrumenten, wie zum Beispiel Syndizierten Darlehen, gibt es sogenannte Finanzkennzahlen, die man einhalten muss oder die das Unternehmen einhalten muss. Und über diese Finanzkennzahlen oder auch sonstige Informationsrechte, die man als Gläubiger hat, erfährt der Gläubiger ganz schön viel vom schuldnerischen Unternehmen. Das heißt, es gibt dann auch frühe Anzeichen dafür, dass es gerade nicht mehr so läuft und dann weiß man, wenn man, weiß man, sobald man mal mit Restrukturierern oder überhaupt mit Beratern sprechen muss. Genauso auf Unternehmensseite. Wir beraten auch manchmal Unternehmen oder wir beraten auch Private Equity Portfolio Gesellschaften, die haben ja auch einen Blick auf die Zahlen. Das heißt, es ist ein sehr zahlengetriebenes Geschäft und man ist eben darauf angewiesen, dass entweder der Schuldner frühzeitig oder sonst die Gläubiger oder auch der Gesellschafter merken, wann es nicht mehr gut läuft und dann ehrlich gesagt auch so früh wie möglich zu uns kommen. Wenn man einfach abwartet und darauf hofft, dass es besser wird und erst nach Monaten zu uns kommt, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass es zu spät ist und dass es in die Insolvenz geht. Wenn man früher kommt, hat man einfach viel mehr Zeit für den Restrukturierungsprozess. Der dauert mehrere Monate, bis der durchgezogen ist. Und wie gesagt, das reicht eben in manchen Fällen dann nicht mehr.
Dr. Marlene Ruf 0:23:38
Und auch von Online-Casinos. Und Löwenplay hatte eine Anleihe aufgenommen, die 2022 fällig geworden wäre und deren Refinanzierung aber leider das Jahr vorher gescheitert ist. Das heißt hier hatten wir tatsächlich einen Fall eines Private Equity Portfolio Unternehmens, das dann irgendwann seine Schuldenlast nicht mehr tragen konnte bzw. Diese Schuldenlast nicht mehr am Markt refinanzieren konnte, zu Bedingungen, die damals für das Unternehmen attraktiv gewesen wären. Damit blieb dem Unternehmen, seinen Gesellschaftern, seinen Gläubigern, dem Management nichts anderes mehr übrig, als miteinander zu verhandeln, als Alternative zur Insolvenz, wenn man da nicht reinlaufen wollte, das möchte man selbstverständlich nicht, muss man verhandeln. Und dann kommt man zusammen und überlegt sich, wie denn das Unternehmen aufgestellt sein müsste finanziell, um weiterhin am Markt bestehen zu können. Hier war das so, wir haben eine Gruppe von Anleihegläubigern vertreten. Die sich auch vorstellen konnten, das Unternehmen zu übernehmen. Also das Equity, das Eigenkapital am Unternehmen zu übernehmen. Und in so einer Situation, wenn die Kapitalstruktur nicht mehr nachhaltig ist, sagt man eigentlich, das Equity ist aus dem Geld. Das heißt, es sind keine Werte mehr da, die auch den Equity-Wert mit abdecken. Und damit sind in so einer Situation die Gläubiger eigentlich schon die wirtschaftlichen Eigentümer des Unternehmens. Und dann muss man eben eine Lösung finden, nach der sie das dann auch rechtlich werden. Es klingt erstmal, es klingt vielleicht ganz simpel, ist es aber tatsächlich nicht. Es beginnt und damit sind wir wieder beim allgemeinen Teil, wie wir so ein Mandat eigentlich angehen, wie so ein Mandat abläuft. Im ersten Schritt schaut man sich erstmal die Kapitalstruktur an. Die kann auch deutlich komplexer sein, als sie bei Löwenplay war. Bei Löwenplay hatten wir quasi nur die Anleihe. Es kann auch sein, dass da noch diverse Darlehen mit drin stecken. Also wirklich im ersten Moment Überblick verschaffen, wie sieht es denn hier aus? Und im zweiten Schritt, wo wollen wir denn hin? Und zwar, wo wollen wir wirtschaftlich hin? Und das ist dann keine Arbeit, die wir alleine machen, sondern das ist die Arbeit, die ein Financial Advisor macht, die wir aber verstehen müssen. Und das sind so die ersten Wochen, die ersten Monate eines Mandats. Erst mal schauen, wo will man eigentlich hin? Und der nächste Schritt ist dann umsetzen. Wie kommen wir dahin, wo wir hinwollen? Im Falle von Löwenplay war es klar, dass die Gesellschafter aus dem Geld sind und damit als Gesellschafter eigentlich ausscheiden sollten und die Anleihegläubiger das Kapital übernehmen und dass auch die Schuldenlast auf dem Unternehmen reduziert werden muss und dann tritt man eben in Verhandlungen ein. Einerseits braucht man den Gesellschafter, der dann auch bereit sein muss, das Unternehmen zu übergeben, das Eigenkapital zu übergeben. Andererseits braucht man die Gläubiger, die auch bereit sein müssen, ins Eigenkapital zu gehen und ihre Forderungen runterzuschreiben. Ich hatte vorhin von Verhandlungen gesprochen. Im Fall von Löwenplay hatte man sich auch relativ schnell dann tatsächlich geeinigt. Der nächste Schritt ist dann die Umsetzung. Kann man vertraglich machen, wirklich einfach nur ein sehr großes Vertragswerk, das all diese Bestimmungen und Schritte beinhaltet. Und ansonsten gibt es noch ein paar Implementierungsmethoden, zum Beispiel durch eine Pfandrechtsvollstreckung, Barbara hatte vorhin ja schon Sicherheiten genannt, die man dann eben vollstreckt. Oder durch gerichtlich überwachte Verfahren wie zum Beispiel das englische Scheme of Arrangement, den englischen Restructuring Plan oder auch das deutsche Starok, das es seit 2021 gibt.
Dr. Marlene Ruf 0:28:11
Also es ist tatsächlich ganz viel learning by doing. Und ich weiß, dass das Mandat jetzt sehr komplex klang und das klingt für jeden auch erstmal komplex, aber ich bin ja jetzt auch schon ein paar Jahre dabei und in meinem ersten Jahr hätte ich das weder so beschreiben können noch so tatsächlich auch am Ende des Mandats den Überblick behalten. Sondern man startet ja klein und es wird von niemandem erwartet, dass er so ein Mandat vollständig versteht und von Anfang bis Ende durchdenkt. Sondern man startet mit kleinen Aufgaben, man bekommt auf einem Mandat kleinere Verantwortungsbereiche für Teilbereiche des Mandats, die wahnsinnig wichtig sind, aber die einfach überschaubarer sind. Und so setzt sich dann mit der Zeit das Puzzle zusammen. Sobald man die erste Aufgabe dann auf dem ersten Mandat gemacht hat, kann man im nächsten Mandat eine übernehmen, die ein bisschen größer ist, wo noch mehrere Aspekte dazukommen. Und im übernächsten Mandat ist es dann nochmal ein bisschen mehr und so verschafft man sich dann einen Überblick und wächst eben an den Aufgaben tatsächlich. Gleichzeitig arbeitet bei uns niemand alleine an einem Mandat, Sondern wir sind immer in Teams und genau darum geht es ja dann auch, dass die Seniorigen, Seniorigeren Mitglieder des Teams, die Juniorigen tatsächlich auch anleiten, mit ihnen gemeinsam arbeiten, ihnen auch Dinge erklären und ihnen dadurch helfen, weiterzukommen. Und damit hat man dann wirklich schon von dem ersten Fall, wie gesagt, das Wissen für den zweiten und so weiter.
Dr. Marlene Ruf 0:30:57
Es sind mehrere Aspekte und es sind weniger tatsächlich juristische Kenntnisse in einem Gebiet, weil gerade unser Bereich ist nichts, was man im Studium lernt, das kommt dann tatsächlich. Aber es sind zum einen Interesse an wirtschaftlichen Zusammenhängen, zweitens Offenheit für Neues und drittens, das klang gerade bei Barbara auch schon an, Eigeninitiative und das Selbstverständnis, Verantwortung zu übernehmen. Ich weiß, dass sich das total nach Plattitüde anhört. Das hört man auch ehrlich gesagt überall. Allerdings ist es wirklich ernst gemeint und es stimmt auch tatsächlich. Also, wenn wir anfangen mit dem Thema wirtschaftliche Zusammenhänge, Ich hatte es vorhin schon gesagt, in der Restrukturierung müssen wir verstehen, wie die wirtschaftliche Lage des Unternehmens ist und wie man die Fremdkapitalparameter anpassen muss, damit das Unternehmen wieder gut dasteht. Das müssen wir nicht alles selbst machen, aber man muss das verstehen und ein Interesse dafür haben. Wenn man das nicht hat, dann wird man sich mit der Arbeit, glaube ich, ich nicht so ganz identifizieren kann. Das zweite Offenheit für Neues ist auch ganz ernst gemeint. Ich hatte vorhin gesagt, man baut immer von Mandat zu Mandat sein Wissen auf und da kommt immer was dazu und man lernt da. Aber die andere Wahrheit ist auch, dass jede Transaktion anders ist. Und auch nach Jahren enthält jeder Deal neue Elemente, die man noch nie vorher gesehen hat. Also ich bin jetzt sieben Jahre dabei, manche sind 15 Jahre dabei und trotzdem bringt jede Transaktion was Neues. Und darauf muss man sich einlassen. Das heißt, wer jetzt einfach nach Schema F arbeiten möchte, sich freut, dass er nach zwei Jahren das volle Skillset hat, einfach eins nach dem anderen abarbeitet, das wird in der Restrukturierung tatsächlich nicht so sein. Auch wenn man sich natürlich Wissen aneignet, das man dann auch wieder einsetzt. Und das Dritte, mit Eigeninitiative und Verantwortung zu übernehmen. Bei uns ist es wirklich so, dass jedes Teammitglied gefragt ist, ihre oder seine Fähigkeiten einzubringen. Es ergeben sich im Laufe des Mandats total verschiedene Aufgabenbereiche, die neu aufkommen und dann auch irgendwie besetzt werden müssen. Und da ist es wirklich gefragt, dass jeder diese Aufgabenbereiche erkennt und dann auch selber eigenständig bearbeitet und Verantwortung übernimmt. Das heißt nicht, dass wir hier von juniorigen Anwältinnen und Anwälten erwarten, dass sie das alles alleine machen und den Deal managen. Das geht alles unter Anleitung natürlich und immer mit Rücksprache. Aber trotzdem ist es wichtig, diese Themen auch selbst sehen zu wollen und sich derer dann selbst annehmen zu wollen.
Dr. Marlene Ruf 0:33:52
Tschüss!

Gäste

Die Gäste dieser Folge im Detail. Bitte nutze die Kontaktmöglichkeit nur, falls du an einem konstruktiven Austausch interessiert bist. Solltest du Feedback zu IMR haben, kontaktiere uns bitte direkt.

Dr. Marlene Ruf

Dr. Marlene Ruf Rechtsanwältin, Kirkland & Ellis

Kontakt
Dr. Barbara Dunkel

Dr. Barbara Dunkel Rechtsanwältin, Kirkland & Ellis

Kontakt

Abonnieren

Ihr könnt Irgendwas mit Recht bequem in Eurer Podcast-App der Wahl abonnieren. In der Regel findet Ihr den Podcast, wenn Ihr ihn dort einfach sucht. Alternativ klickt auf einen der unten stehenden Links.
Viel Spaß!