IMR31317. Jul 25
IMR313: Nachhaltigkeit und Werbung, Lauterkeitsrecht, Katjes-Fall, sind Grünohrhasen klimaneutral?

IMESG - Irgendwas mit ESG

IMR313: Nachhaltigkeit und Werbung, Lauterkeitsrecht, Katjes-Fall, sind Grünohrhasen klimaneutral?

Prof. Dr. Frank Weiler, Professor | Universität Bielefeld

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Über diese Episode

Folge 313 Deines Jurapodcasts zu allen Karriere- und Examensthemen

Lauterkeitsrecht - UWG - § 5 UWG - § 5a UWG - Werberecht - Nachhaltigkeitswerbung - Greenwashing - Klimaneutralität - Verbraucherschutz - Irreführende Werbung - Umweltlabels - Kompensation - Bundesgerichtshof (BGH) - Durchschnittsverbraucher - EU-Recht - Vergleichende Werbung - Wettbewerbsrecht

In Episode 313 hört Ihr von Prof. Dr. Frank Weiler von der Universität Bielefeld sowie den bekannten IMESG-Professorinnen Prof. Dr. Anne-Christin Mittwoch sowie Prof. Dr. Anne Sanders. Im Mittelpunkt steht das Lauterkeitsrecht, also das Recht gegen unlauteren Wettbewerb mit Fokus auf Werbung und Nachhaltigkeit. Die Folge beleuchtet aktuelle Urteile zur Klimaneutralitäts-Werbung, insbesondere am Beispiel der Katjes-Grünohrhasen. Es geht dabei um die Frage, wie Verbraucherinnen und Verbraucher Werbeaussagen wie „klimaneutral“ verstehen, welche Anforderungen an Information und Transparenz gestellt werden und wie das Recht mit Umweltlabels umgeht. Ist ein QR-Code auf der Verpackung für zusätzliche Informationen ausreichend? Welches Verständnis hat der Durchschnittsverbraucher von Nachhaltigkeit oder Klimaneutralität? Wie reagiert das UWG auf neue EU-Regeln, die mehr Nachhaltigkeit fördern sollen – und ist das eine grundlegende Änderung im Lauterkeitsrecht? Antworten auf diese und viele weitere Fragen erhaltet Ihr in dieser Folge von IMR. Viel Spaß!

Kapitel:

  • 00:16 - Welcoming
  • 01:29 - Einführung in das Lauterkeitsrecht
  • 06:02 - Werbung und Nachhaltigkeit
  • 08:15 - Klimaneutralität im Fokus
  • 12:41 - Verbraucherverständnis und Klimaneutralität
  • 16:04 - Folgen des Katjes-BGH-Urteils
  • 18:28 - EU-Regulierung und Nachhaltigkeit
  • 22:42 - Zukünftige Entwicklungen der Umweltzeichen
  • 25:17 - Karrierechancen im Lauterkeitsrecht

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Zu Gast

Frank Weiler

Frank Weiler

Kapitel

  • 00:00:16.965Welcoming
  • 00:01:29.405Einführung in das Lauterkeitsrecht
  • 00:06:02.695Werbung und Nachhaltigkeit
  • 00:08:15.434Klimaneutralität im Fokus
  • 00:12:41.922Verbraucherverständnis und Klimaneutralität
  • 00:16:04.569Folgen des Katjes-BGH-Urteils
  • 00:18:28.709EU-Regulierung und Nachhaltigkeit
  • 00:22:42.873Zukünftige Entwicklungen der Umweltzeichen
  • 00:25:17.757Karrierechancen im Lauterkeitsrecht

Über Universität Bielefeld

Die Universität Bielefeld ist eine junge Campus-Universität in Nordrhein-Westfalen mit gut 3.500 Beschäftigten, sowie rund 25.000 Studierenden. Sie verbindet 13 Fakultäten unter einem Dach – darunter eine engagierte Rechtswissenschaft, die Lehrende und Lernende interdisziplinär mit Informatik, Soziologie oder KI-Forschung vernetzt. Bekannt ist die Uni für ihr lichtdurchflutetes Hauptgebäude, moderne Tenure-Track-Strukturen und einen offenen, forschungsfreudigen Spirit.

Warum das auch für deine juristische Karriere spannend ist, erfährst du im Podcast – hör doch gleich in unsere IMR-Folgen mit der Uni Bielefeld rein!

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Werbung mit "klimaneutral" ist erlaubt, wenn man erklärt, ob das durch Kompensation oder Einsparung von Emissionen geschieht – denn Verbraucher sollen eine informierte und freie Entscheidung treffen können.

Sneak Peak – Q&A mit Frank Weiler

Transkript

KI-basiert und kann Fehler enthalten.

0:09 Min
Marc:

Herzlich willkommen zu einer neuen Episode Irgendwas mit ESG hier bei Großen Irgendwas mit Recht. Mein Name ist noch immer Marc Ohrendorf und ich freue mich, dass ihr wieder dabei seid. Heute zunächst mit den beiden Annes, die ihr schon kennt, nämlich zum einen Anne Mittwoch. Hallo Anne.

0:26 Min
Anne Mittwoch:

Hallo Marc.

0:27 Min
Marc:

Und zum anderen Anne Sanders. Hallo Anne.

0:30 Min
Frank Weiler:

Hallo Marc.

0:31 Min
Marc:

Und da wir noch einen Gast haben im Podcast, nämlich Professor Frank Weiler, haben wir uns entschieden, heute euch nicht noch mehr zu verwirren mit den zwei Annus plus einem Gast. Deswegen macht die eine Anne, nämlich Anne Sanders, eine kurze Vorstellung von Frank Weiler und ist dann sozusagen für den Rest des Podcasts nicht mehr zu hören.

1:09 Min
Marc:

Aber wir freuen uns natürlich zumindest kurz von dir zu hören, liebe Anne.

0:54 Min
Anne Sanders:

Ja, vielen, vielen Dank, lieber Marc. Es ist mir eine große Ehre und Freude, dass nämlich mein Fakultätskollege von der Uni Bielefeld, der Frank Weiler, heute hier dabei ist. Und Frank ist hier an der Uni Bielefeld und er ist ein unglaublich engagierter Professor, der schon seit Jahren bei uns Studiendekan ist, die Studierenden durch Corona durchgebracht hat, ganz hervorragende Vorlesungen im Bereich Schuldrecht vor allem hält und im Schwerpunkt im Lauterkeitsrecht unterwegs ist.

1:09 Min
Anne Sanders:

Und was das ist, das werden wir heute kennenlernen.

1:23 Min
Anne Mittwoch:

Ja, herzlich willkommen auch von mir, lieber Frank. Schön, dass du da bist.

1:26 Min
Frank Weiler:

Ja, hallo zusammen. Freue mich, dass ich da sein darf.

1:29 Min
Anne Mittwoch:

Ja, da fangen wir doch vielleicht gleich mit der ersten Frage an, weil ich glaube aus Studierendensicht, gerade wenn man jetzt so erstes, zweites, drittes Semester ist, hat man vielleicht noch keine so gute Vorstellung davon, was genau Lauterkeitsrecht eigentlich ist. Vielleicht kannst du uns erstmal hier ein bisschen eine Einführung geben.

1:45 Min
Frank Weiler:

Klar, gerne. Lauterkeitsrecht, damit meinen wir normalerweise das, was im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb geregelt ist, also das UWG. Worum geht es da? Das UWG hat die Aufgabe, das Verhalten auf dem Markt zu regeln, also auf dem Markt, wo Produkte angeboten und nachgefragt werden.

1:09 Min
Frank Weiler:

Und zwar vor allen Dingen das Verhalten von Produktanbietern. Gegenüber den Abnehmern, privaten Abnehmern, aber auch gewerblichen Abnehmern und zielt also da so ein bisschen darauf, dass bestimmte Verhaltensweisen unterbleiben sollen und das gilt insbesondere nicht nur, aber insbesondere eben auch für Werbung, für Produktwerbung oder Werbung für Unternehmen. Das ist ein bisschen der Regelungsbereich und das ist ein zivilrechtliches Gesetz.

1:09 Min
Frank Weiler:

Das heißt, das ist nicht eine Behörde, die hier kontrolliert, ob auf dem Markt alles in Ordnung ist, also ob da die Werbung nicht etwa irreführend ist oder irgendwelche Drohungen da ausgesprochen werden, sondern das ist eine zivilrechtliche Regelung, die dadurch funktioniert oder so funktioniert, dass die Mitbewerber und bestimmte Verbände von Unternehmen und von Verbrauchern Ansprüche geltend machen können gegen jemanden, der gegen das Gesetz verstößt.

1:09 Min
Frank Weiler:

Und zwar Unterlassungsansprüche, das ist in der Praxis das Allerwichtigste und Beseitigungsansprüche, aber manchmal auch Schadensersatzansprüche.

3:01 Min
Marc:

Wenn ich an Werbung denke, dann fallen mir natürlich große Marken ein und dann fällt mir auch die ein oder andere, ich sag mal freche Werbung ein, wo das dann gar nicht so sehr gegen Wettbewerber, sondern manchmal auch gegen einzelne Politiker geht. Zum Beispiel Sixt hat da in der Vergangenheit ja ziemlich viel gemacht.

1:09 Min
Marc:

Dann gab es irgendwie Merkel mit Sturmfrisur im Auto und was da nicht alles so war. Die persönlichkeitsrechtlichen Aspekte sind natürlich das eine von individuell betroffenen Personen, aber hast du vielleicht noch so ein, zwei Beispiele dafür, wie sozusagen der Wettbewerbsgedanke verletzt werden könnte von Wettbewerbern in einer Werbung? Also was kann man zum Beispiel ganz offensichtlich nicht machen?

3:38 Min
Frank Weiler:

Ja, also was man ganz offensichtlich nicht machen darf, wäre zum Beispiel zum Boykott eines Mitbewerbers aufrufen. Also sagen, kauft nicht bei diesem und jenem Unternehmen. Und was man ganz sicherlich auch nicht machen darf, ist etwa zu drohen, wenn du das nicht kaufst, dann wird dir was Schlimmes passieren.

1:09 Min
Frank Weiler:

Das sind natürlich jetzt Extremfälle. In der Praxis geht es vor allen Dingen darum, dass man keine Aussagen treffen darf, die die Marktgegenseite, die Verbraucher oder die gewerblichen Abnehmer in die Irre führen. Also vor allen Dingen irreführende Aussagen, das ist ein Problem des Lauterkeitsrechts und seit einigen Jahren auch unvollständige Aussagen, nämlich dass einfach bestimmte Informationen nicht erteilt werden.

4:17 Min
Anne Mittwoch:

Das ist ganz spannend. Man denkt da ja gleich an den Werbekampf in den USA zwischen Coca-Cola und Pepsi-Cola und dass vergleichende Werbung hierzulande bei uns nicht erlaubt ist. Wie ist das?

4:28 Min
Frank Weiler:

So war das lange. Das stimmt, die war auch lange nicht erlaubt, aber ich muss sagen, sie ist eigentlich auch schon lange durchaus erlaubt, seit schon Anfang der 90er Jahre. Aber die hat sich bei uns nie so richtig durchgesetzt.

1:09 Min
Frank Weiler:

Das liegt vielleicht auch daran, dass die Regeln, die man einhalten muss, damit das nicht unlauter ist, schon relativ streng sind und das macht dann die vergleichende Werbung vielleicht langweilig. Und wenn die langweilig ist, dann macht das Marketing eben keine vergleichende Werbung, weil die dann nicht viel bringt.

1:09 Min
Frank Weiler:

Aber man darf das grundsätzlich schon, man sieht es auch gelegentlich, aber so hart, wie man das aus den USA kennt, so dieser Kampf eben zwischen Pepsi und Coca-Cola, das würde bei uns auch nicht gehen, weil das wiederum lauterkeitsrechtlich nicht zulässig ist, weil man darf zum Beispiel im Vergleich in der Werbung nicht den anderen herabsetzen. Und das ist da in den USA schon wesentlich deutlicher.

5:12 Min
Marc:

Darf man den Namen des anderen nennen? Also mir fällt gerade spontan irgendwie Werbung ein, wo dann öfter steht, so und so viel Prozent mehr irgendwas als Mitbewerber. Aber ich würde denken, da wird nie der Name genannt. Aber das ist dann natürlich gleichzeitig auch indirekt wiederum Werbung für den Mitbewerber, wenn man den nennen würde.

5:31 Min
Frank Weiler:

Also man darf den Namen nennen und man darf auch seine Marken nennen. Das ist eigentlich sogar sozusagen der klassische Fall vom Vergleich in der Werbung, weil man für vergleichende Werbung eine Werbung braucht, die einen Mitbewerber überhaupt erkennbar macht. Und da muss ich ja irgendwas in der Werbung sagen, damit eben die angesprochenen Adressaten auch sehen können, über welchen Mitbewerber rede ich denn da.

1:09 Min
Frank Weiler:

Und das beste Mittel ist natürlich, den namentlich zu benennen oder Marken von ihm zu benennen. Kann ihn auch umschreiben, aber grundsätzlich Namensnennung ist da erlaubt.

5:58 Min
Marc:

Interessant.

5:58 Min
Anne Mittwoch:

Ihr seht schon, es ist ein ganz spannendes Fach. Da könnten wir jetzt noch sehr lange weiter drüber plaudern. Tun wir auch. Aber wenn wir jetzt zu unserem Thema der Nachhaltigkeit kommen, dann kann ich mir schon vorstellen, Nachhaltigkeit ist ja auch ein Riesenthema in der Werbung.

1:09 Min
Anne Mittwoch:

Also gerade wenn wir in den Supermarkt gehen, dann finden wir ganz viele Produkte, die sind grün oder geben uns so ein Naturgefühl. Ja, also da kannst du bestimmt mal uns kurz näher erklären, da ist doch bestimmt ein großer Bezug da zur Nachhaltigkeit.

6:25 Min
Frank Weiler:

Also ich glaube, das ist heute, wie gesagt, in jedem Supermarkt, in ganz vielen Werbeanzeigen, in Videoclips und so weiter und so fort, finden wir irgendwelche Aussagen, die was mit Nachhaltigkeit zu tun haben. Sowohl sozusagen im Sinne der Umwelt, also Klima-Aussagen, die da getroffen werden, aber auch vielleicht im Sinne sozialer Nachhaltigkeit.

1:09 Min
Frank Weiler:

Das begegnet uns mittlerweile überall und ich glaube, ich sehe das als zweischneidig in dem Sinne, dass ja Verbraucher Informationen über Produkte brauchen, wenn sie sich für bestimmte Produkte entscheiden wollen und wenn ich beispielsweise eine nachhaltige Zahnbürste kaufen will, dann müsste ich ja Informationen darüber haben, warum die überhaupt nachhaltig ist und die müssten mir gegeben werden, die könnten mir durch die Werbung gegeben werden.

1:09 Min
Frank Weiler:

Also insofern ist die Werbung vielleicht auch ein Träger von wichtigen Informationen, aber das ist natürlich mit der Gefahr verbunden, dass dann über die Werbung Informationen transportiert werden, die vielleicht nicht so ganz zutreffend sind und die deswegen von mir als Verbraucher eine falsche Vorstellung davon erwecken, dass die Zahnbürste, die hier beworben wird, dann doch eben nachhaltig ist. Also insofern sollte man Werbung nicht verteufeln.

1:09 Min
Frank Weiler:

Auch Werbung mit Nachhaltigkeitsaussagen sollte man nicht verteufeln. Ich glaube, die braucht es schon, um den Absatz von nachhaltigen Produkten eben auch zu fördern und mit dem Ziel, eben eine bessere nachhaltige Wirtschaft insgesamt zu haben. Aber man braucht Grenzen.

1:09 Min
Frank Weiler:

Und dafür ist eben in erster Linie das UWG da, solche Grenzen zu setzen.

7:48 Min
Anne Mittwoch:

Ja, spannend. Da sind wir bei unserem Dauerbrenner-Thema wieder angelangt, lieber Frank. Nämlich bei der Frage, was ist eigentlich Nachhaltigkeit? Denn genau das sollten die Verbraucher dann ja auch wissen. Und wir haben dazu natürlich eine Folge schon aufgenommen, die verlinken wir euch auch nochmal, Marc, oder? Was ist eigentlich Nachhaltigkeit und wie können wir das definieren? In der Folge sind wir auch zum Ergebnis gekommen, dass das ein kompliziertes Thema ist und in verschiedenen Gesetzen unterschiedlich gemacht wird.

1:09 Min
Anne Mittwoch:

Und da können wir jetzt beim Lauterkeitsrecht direkt anknüpfen. Und Frank, es gibt einen ganz spannenden Fall, der auch ein spannendes Produkt betrifft. Jetzt mache ich gerade schon selber Werbung.

1:09 Min
Anne Mittwoch:

Und zwar die Katjes Gummibärchen. Ja, Katjes Gummibärchen werden die meisten von euch kennen. Und die hatten ganz lange eben eine Aufschrift auf der Packung. Und zwar stand da drauf, klimaneutral.

1:09 Min
Anne Mittwoch:

Und ich glaube, da stand sogar noch mehr. Aber das kannst du uns bestimmt kurz erklären, Frank.

8:43 Min
Frank Weiler:

Kann ich gerne machen. Das geht da um eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Juni letzten Jahres. Und da ging es um eine Werbung, die Katjes gemacht hat. Und da heißt es, Katjes schmeckt auch unserem Klima.

1:09 Min
Frank Weiler:

Und der entscheidende Satz, der dann kommt, lautet, seit 2021 produziert Katjes alle Produkte klimaneutral. Und in der Werbung ist auch nochmal abgedruckt, was du gerade angesprochen hast, Anne, nämlich so eine Produktverpackung und zwar von den Grünohrhasen. Und da steht, wie bei anderen Produkten von Katjes auch oben links in der Ecke, zusammen mit so einem Logo, klimaneutral drauf.

1:09 Min
Frank Weiler:

Und das ist die erste Entscheidung des BGH zu dieser Frage, wann die Werbung mit klimaneutral zulässig ist. Man kann sehr gut in der Rechtsprechung sehen, wie modern das geworden ist, Werbung mit klimaneutral, weil es da so ab 2017, 2018 vielleicht einen ganz starken Anstieg an instanzgerichtlichen Entscheidungen gegeben hat.

1:09 Min
Frank Weiler:

Aber der BGH hatte eben erst letztes Jahr Gelegenheit, da erstmalig drüber zu befinden.

9:40 Min
Anne Mittwoch:

Ganz spannend. Jetzt ist die Frage hier nicht, was ist Nachhaltigkeit, sondern die Frage ist, was ist klimaneutral? Und da muss man ja auch erstmal überlegen, da gibt es ja verschiedene Möglichkeiten tatsächlich. Also ich als Verbraucherin, also wenn ich jetzt unbedarft an das Thema rangehen würde, würde ich mir glaube ich schon vorstellen, die Produkte sind irgendwie ganz umweltfreundlich hergestellt und da werden irgendwie Verfahren eingesetzt, dieses Klima wenig beeinträchtigen, aber so war es, glaube ich, gar nicht gemeint in dem Fall, oder?

10:07 Min
Frank Weiler:

Also tatsächlich war das in dem Fall so, dass das Klimaneutralität durch Kompensationsleistungen erreicht wurde, also dass das eine bilanzielle Neutralität, eine Null sozusagen gewesen ist. Also die Produkte, da ist bei der Produktion CO2 entstanden, aber die entstandene Menge CO2 ist eben über Kompensationsprojekte ausgeglichen worden.

1:09 Min
Frank Weiler:

Der Witz des Lauterkeitsrechts, der besteht eigentlich darin, auch komme ich darauf, weil du, Anne, ja eben gesagt hast, ihr habt ja eine Folge zum Nachhaltigkeitsbegriff gemacht. Aber es geht eigentlich gar nicht darum, was Klimaneutralität oder Nachhaltigkeit objektiv bedeutet.

1:09 Min
Frank Weiler:

Also zum Beispiel ist das irgendwo geregelt in irgendwelchen Normen oder welche Anforderungen da eingehalten werden müssen. Sondern hier in dem Fall ging es darum, ob die Verwendung dieses Begriffes klimaneutral irreführend ist. Und dafür kommt es darauf an, wie die Adressaten den Begriff verstehen.

1:09 Min
Frank Weiler:

Also nicht das, was er objektiv bedeutet, ist erstmal entscheidend, sondern entscheidend ist erstmal, wie verstehen die überhaupt den Begriff. Und wenn man dieses Begriffsverständnis herausgearbeitet hat, dann macht man einen Vergleich und schaut, wie ist denn die wirkliche Lage. Also Beispiel, die Verbraucher verstehen vielleicht unter klimaneutral das, was du gesagt hast, Anne, dass da keine Emissionen entstehen bei der Produktion des Produkts.

1:09 Min
Frank Weiler:

Und dann würden wir das mit der Wirklichkeit vergleichen und dann würden wir sehen, nö, bei Katjes, da entstehen durchaus Emissionen, die werden nur kompensiert, dann wäre das eine irreführende Aussage.

11:27 Min
Marc:

Und wie wurde das in dem Fall dann entschieden? Also ich würde jetzt mal, um noch eine andere Perspektive reinzubringen, vielleicht sogar noch weitergehen und sagen, der Durchschnittsverbraucher, der versteht das gerade so, wenn man sich das praktisch vorstellt, stehst du irgendwo im Supermarkt vor den verschiedenen Regalen und die Frage ist jetzt natürlich, wo greifst du zu? Ja, dann würde ich als Verbraucher vielleicht sogar denken, ach, hier tue ich nichts Böses fürs Klima und woanders habe ich vielleicht aber ein Klimathema, aber hier jedenfalls nicht und deswegen greife ich zu.

1:09 Min
Marc:

Ich komme vielleicht nicht mal so weit, mir über CO2-Emissionen oder irgendwas Gedanken zu machen.

12:00 Min
Frank Weiler:

Das ist ein ganz spannender Aspekt. Wir denken immer alle in erster Linie so, wie wir denken. Denken vielleicht andere auch. Weil wir durch die Regale gehen und so weiter.

1:09 Min
Frank Weiler:

Ist aber vielleicht gar nicht so. Das hängt ja zum Beispiel davon ab, was wir können und wissen und welche Erfahrungen wir haben und so weiter. Und Marc, du hattest ja eben schon gesagt, eigentlich gucken wir auf einen Durchschnittsverbraucher.

1:09 Min
Frank Weiler:

Und das ist eigentlich nur so eine Kunstfigur eines durchschnittlich informierten, verständigen und situationsadäquat aufmerksamen Verbrauchers. Das ist also kein Mensch, den es wirklich gibt, sondern das ist irgendwie so ein Idealbild, will ich nicht sagen, aber eben ist ein normativer Begriff, der aber stark natürlich irgendwie wieder ausfüllungsbedürftig ist.

1:09 Min
Frank Weiler:

Und dann ist zum Beispiel eine schwierige Frage eigentlich zu sagen, also dieser Durchschnittsverbraucher, dem jetzt der Begriff klimaneutral auf so einer Packung Grünohrhasen begegnet, was versteht der denn jetzt eigentlich darunter? Also wer sich gut auskennt, der würde ja sagen, nee, ich weiß, da gibt es verschiedene Wege. Andere machen sich vielleicht gar keine Gedanken darum, wie man zu Klimaneutralität kommt, aber würden sagen, naja, da ist was fürs Klima getan worden.

1:09 Min
Frank Weiler:

Immerhin, das ist ja besser, als wenn da gar nichts getan worden ist. Das heißt, man braucht eine Art von, ja, eigentlich braucht man eben einen Maßstab, das soll der Durchschnittsverbraucher sein. Und da ist jetzt zumindest für den BGH von sehr großer Bedeutung, dass er an diesem Grundsatz der strengen Bewertung von Umweltwerbung festhält.

1:09 Min
Frank Weiler:

Weil das eher dazu führt, dass man mehr sagen muss, als derjenige, der Werbung macht. Weshalb der BGH im Ergebnis angenommen hat, dass man, wenn man klimaneutral sagt in der Werbung, auch noch sagen muss, warum, also wie, durch Einsparung oder durch Kompensation.

13:45 Min
Marc:

Ein kurzer Zwischeneinschub, aber ich glaube ganz interessant hier mal darüber zu reflektieren, was sozusagen das Recht und die Richterschaft da auch macht. Es ist jetzt eben nicht so, dass wir empirisch versuchen herauszufinden, was der Durchschnittsverbraucher tatsächlich denkt.

1:09 Min
Marc:

Wir könnten ja auch mal eine qualitative oder in dem Fall besser wahrscheinlich quantitative Forschung machen und einfach mal tausend Verbraucher fragen, bevor wir zu so einem Urteil kommen, vielleicht mit einem Gutachter, der das dann macht als Studie. Genau das findet aber hier eben nicht statt, sondern das wird determiniert durch Richter, was sozusagen der Verbraucherbegriff in dem Sinne beinhaltet und dann haben wir bestimmte Grundsätze, weil wir uns hier mit einem Umweltbezug gerade sozusagen bewegen.

14:26 Min
Frank Weiler:

Genau, also das nennt man normativ, aber normativ heißt es vor allem eben deswegen, weil es nicht empirisch ist, aber das ist eben nicht normativ in dem Sinne, als dass man da jetzt genau irgendwo im Gesetz nachgucken könnte und dann hätte man gleich sozusagen die Lösung im einzelnen Fall. Da ist ja immer die Frage, also zum Beispiel der durchschnittlich informierte Verbraucher, wie viel Informationen hat denn der durchschnittlich informierte Verbraucher oder wie verständig ist der? Ist das irgendwie ein ganz toller, schlauer Fuchs oder ist er eher so ein bisschen tump oder wie auch immer? Und das muss festgelegt werden.

1:09 Min
Frank Weiler:

Wer das festlegen mag, hast du eben schon gesagt, das sind letzten Endes die, die die Entscheidung treffen, also die RichterInnen, die das machen. Und im Ergebnis ist es, glaube ich, nach wie vor ziemlich schwierig, sich von seinen eigenen Kenntnissen, Fähigkeiten zu lösen.

1:09 Min
Frank Weiler:

Also zu verhindern, dass man sozusagen sein eigenes Verständnis verallgemeinert, ist, glaube ich, sehr schwierig. Und dann ist es schon natürlich nicht schlecht, wenn man so eine Eingrenzung hat, dass man sagt, okay, hier muss man streng sein oder weniger streng sein. Das bringt ein bisschen mehr Objektivität da schon rein.

15:26 Min
Marc:

Und Rechtssicherheit wahrscheinlich auch für die beteiligten Unternehmen, dass die so ungefähr Leitplanken haben.

15:32 Min
Frank Weiler:

Ja, ich glaube, also für die Unternehmen ist, die freuen sich natürlich nicht darüber, wenn sie bestimmte Sachen nicht machen dürfen. Aber die sind schon natürlich happy, wenn sie so ein paar Regeln haben, die sie leicht einhalten können, um sich da nicht eben weiteren Ärger einzuhandeln.

1:09 Min
Frank Weiler:

Weil insofern sind so, sagen wir mal, so mehr oder weniger radikale Entscheidungen wie die, die jetzt sagen, klimaneutral darf man nicht sagen, wenn man nicht dazu sagt, wie so klimaneutral. Die sind halt schon leicht umzusetzen für Unternehmen, zumindest insofern leicht umzusetzen, als dass sie jetzt wissen, wir dürfen den Begriff so, wie wir ihn bislang verwendet haben, eben nicht mehr einfach verwenden.

16:05 Min
Anne Mittwoch:

Da sind wir jetzt eigentlich bei der Frage, wie geht es jetzt weiter? Was ist die Konsequenz aus diesem Urteil? Ich darf jetzt also nicht mehr einfach so scheinbar klimaneutral aufschreiben, sondern ich muss erklären, warum. Reicht ein kurzer Hinweis auf der Packung oder was muss ich jetzt machen?

16:18 Min
Frank Weiler:

Ja, also das ist jetzt die nächste spannende Frage. Der BGH hat gesagt, das entspricht diesem Grundsatz der strengen Bewertung von Umweltwerbung, dass das tatsächlich direkt in der Werbung gemacht werden muss. Also ein QR-Code, der mich dann auf eine Webseite führt, auf der das alles erklärt wird, der wird dann nicht reichen.

1:09 Min
Frank Weiler:

Auf der anderen Seite muss man natürlich sicherlich auch sehen, dass ja einerseits natürlich der Platz begrenzt ist, wobei da hat der BGH gesagt, es gibt eine andere Regelung im UWG, die nimmt darauf Rücksicht, dass man vielleicht gar nicht so viel Platz hat, um die Informationen zu erteilen. Aber bei dieser Regelung hier, Paragraph 5 UWG, hält der BGH das nicht für entscheidend.

1:09 Min
Frank Weiler:

Aber ich verstehe die Entscheidung so, dass er zunächst einmal hier nur verlangt hat, zu sagen, durch Kompensation oder durch Einsparung von Emissionen, ohne dass man das näher spezifizieren müsste, nach Paragraph 5 UWG. Aber es gibt noch eine andere Vorschrift, Paragraf 5a UWG.

1:09 Min
Frank Weiler:

Und das ist das Vorenthalten wesentlicher Informationen. Und da könnte es schon durchaus sein, dass man noch ein bisschen mehr sagt.

17:20 Min
Anne Mittwoch:

Spannend. Also ich habe jetzt auch mitgenommen, dass es gar nicht darauf ankommt, was klimaneutral eigentlich ist. Wir gucken ja hier nur, was der Verbraucher, der Durchschnittsverbraucher, normativ bestimmt, sich so denken mag. Aber Frank, wie ist es denn? Haben wir nicht vielleicht auch gesetzgeberische Ideen, Projekte, um diesen Begriff klimaneutral mal genauer zu fassen, dass wir hier vielleicht noch mehr Licht ins Dunkel bringen können?

17:42 Min
Frank Weiler:

Ja, die gibt es natürlich schon. Die Frage wäre nur, würde man die im Lauterkeitsrecht anwenden können. Aber bislang ist es ja tatsächlich so, dass das Lauterkeitsrecht eigentlich als Ziel nur hat, dass die angesprochenen Adressaten, also insbesondere natürlich die Verbraucher, eine informierte und freie Entscheidung treffen können.

1:09 Min
Frank Weiler:

Das heißt, sie sollen nicht irgendwie belogen werden oder in die Irre geführt werden. Und die wesentlichen Informationen sollen ihnen zur Verfügung gestellt werden. Und sie sollen nicht irgendwie genötig bedroht oder sonst irgendwas werden.

1:09 Min
Frank Weiler:

Und wenn das alles so ist, dann ist es dem UWG völlig egal, was die für eine Entscheidung treffen. Also ob die dann irgendwie ein klimaschädliches Produkt kaufen oder ein klimapositives Produkt. Das ist dem UWG völlig egal.

1:09 Min
Frank Weiler:

Also die Richtung der Entscheidung, dem gegenüber steht das UWG eben noch neutral gegenüber. Und ich sage noch, deshalb, weil tatsächlich aus dem Bereich des Unionsrechts jetzt schon Änderungen da sind, muss man sagen, die bis Frühjahr nächsten Jahres auch im UWG umgesetzt werden müssen, die das UWG, also das Lauterkeitsrecht, muss man sagen, in den Dienst der Förderung der Nachhaltigkeit stellen.

1:09 Min
Frank Weiler:

Die Regeln wollen also nicht nur die wirtschaftliche Entscheidungsfreiheit sichern, sondern, so heißt es zumindest in den Erwägungsgründen, eben dafür sorgen, dass Verbraucher mehr nachhaltige Produkte kaufen und dass wir deswegen besser und schneller zu einer nachhaltigen EU-Wirtschaft kommen.

19:04 Min
Anne Mittwoch:

Das ist ja auch wieder eine Entwicklung, die wir schon aus anderen Podcast-Folgen kennen. Man nimmt also ein Rechtsgebiet, er lässt da neue Regeln, die nachhaltigkeitsfördernd sind und irgendwie führt es dazu, dass das Rechtsgebiet in seiner Grundausrichtung womöglich umgestaltet wird. Würdest du das hier auch so sehen?

19:19 Min
Frank Weiler:

Ja, ich sehe das schon so, dass das zumindest in diese Richtung geht. Und das finde ich sehr spannend, weil wir in Deutschland eine jahrzehntelange Diskussion haben, ob das UWG nicht irgendwie auch sogenannte Allgemeininteressen schützen sollte. Und das tut es sogar, es schützt das Allgemeininteresse am unverfälschten Wettbewerb.

1:09 Min
Frank Weiler:

Das steht im Gesetz auch drin. Und aus mehreren anderen Dingen kann man aber schließen, andere Allgemeininteressen werden nicht geschützt. Also Umweltschutz oder Tierschutz oder Kinderschutz beispielsweise. Und jetzt kommt aber mit diesen Änderungen im europäischen Recht tatsächlich eben so ein Impuls in das UWG hinein, wo man sagen kann, naja, schaut, da will das Gesetz ja jetzt doch eigentlich den Inhalt der Entscheidung ein bisschen vorformen oder dafür sorgen, dass es bestimmte Verbraucherentscheidungen gibt, beziehungsweise bestimmte Verbraucherentscheidungen eben nicht gibt.

1:09 Min
Frank Weiler:

Und das finde ich ist schon für das Lauterkeitsrecht ein relativ großer Umbruch. Kann man auch kritisch ja durchaus sehen. Denn wenn man mit einem allgemeinen Interesse anfängt, können natürlich auch noch weitere allgemeine Interessen sozusagen wieder hineingenommen werden in das UWG.

1:09 Min
Frank Weiler:

Und man war eigentlich ein bisschen glücklich darüber, dass man das losgeworden war. Das gab man eine Zeit lang, schon mehrere Jahrzehnte her in der Rechtsprechung, wo sie tatsächlich mehr auf diese allgemeinen Interessen geschielt hat. Und da hatte man letzten Endes immer das Gefühl, Das ist nicht die Aufgabe des UWG.

1:09 Min
Frank Weiler:

Die Aufgabe des UWG ist eigentlich ganz ursprünglich gewesen, sozusagen dieses Verhältnis zwischen den Mitbewerbern zu regeln und da eben Beeinträchtigungen zu vermeiden. Heute geht es auch um den Schutz von der Marktgegenseite. Aber es bleibt irgendwie immer sozusagen etwas, das sind eigentlich nur Marktregularien, wo Abläufe geregelt werden, aber eben nicht Ergebnisse produziert werden sollen.

21:05 Min
Anne Mittwoch:

Ja, das ist spannend. Also aus Verbraucherinnen-Sicht würde ich mir auch denken, dass wir in den letzten Jahren haben wir auch eine starke Zunahme von so Umweltzeichen, dass ich einfach so bestimmte Labels auf den Packungen habe und man kennt sich ja schon gar nicht mehr aus teilweise, recherchiert dann im Internet. Vielleicht ist da auch so eine Entwicklung, die das dann nötig macht, dass das Recht darauf reagiert, dass man auf diese verschiedenen Labels und so weiter eingeht.

1:09 Min
Anne Mittwoch:

Spielt das auch eine Rolle hier?

21:29 Min
Frank Weiler:

Ja, also bei den Labels spielt das eine ganz große Rolle. Und das würde ich auch so sagen, da haben wir eine verwirrende Vielfalt von Labels auf dem Markt, die da verwendet werden können, weil es einfach eine ganze Reihe von Unternehmen gibt, die eben anbieten, dass man solche Labels bei ihnen bekommen kann, bestimmte Zertifizierungsregeln zwar einhalten muss, naja, aber wie streng die sind, wie gut die kontrolliert werden und so weiter und so fort.

21:51 Min
Anne Mittwoch:

Also das kommt gar nicht vom Gesetzgeber, weil das mag man als Verbraucherin ja vielleicht auch denken, dass jetzt hier gesetzlich dafür gesorgt ist, dass hier bestimmte Dinge eingehalten worden sind. Aber die Labels kommen da gar nicht. Die sind auch privatrechtlich teilweise, oder?

22:04 Min
Frank Weiler:

Ja, überwiegend. Es gibt ein paar wenige staatlich EU-Umweltsiegel oder halbstaatlich der Blaue Engel beispielsweise. Aber das sind ganz viele private. Und ein Teil der Regelungen des EU-Rechts zielt ganz spezifisch darauf und will im Grunde genommen...

1:09 Min
Frank Weiler:

Verhindern, dass da eben letzten Endes unseriöse Siegel verwendet werden und stellt deswegen relativ hohe Anforderungen an diese Zertifizierungssysteme und hat gewisse Nachweisanforderungen. Und es gibt noch eine zweite Idee der Europäischen Kommission, die aber noch derzeit im Gesetzgebungsverfahren steckt.

1:09 Min
Frank Weiler:

Das ist eine Richtlinie über Umweltaussagen. Green Claims Richtlinie wird die auch genannt. Und die geht so weit, dass sie letzten Endes auch nationale oder regionale Umweltzeichensysteme abschaffen möchte und nur noch ein EU-Umweltzeichensystem im Wesentlichen haben möchte. Und das Ziel dahinter ist einfach, die Zahl der Umweltzeichen zu reduzieren und denen mehr Verlässigkeit zu geben.

23:03 Min
Anne Mittwoch:

Okay, wow, sehr spannend. Das heißt, wir hätten dann anstatt einer Vielfalt von Label ein EU-Label, das dann zum Beispiel sagt, klimaneutral. Da müsste es wahrscheinlich auch wieder mehrere geben.

23:13 Min
Frank Weiler:

Und man muss natürlich jetzt auch Regeln haben, und das ist ja eine Riesenaufgabe, zu sagen, wann darf denn das Label klimaneutral bei Bekleidung verwendet werden oder bei Bodylotion oder Zahnbürsten oder Handys beispielsweise. Das heißt, da steckt natürlich auch ein großer Regulationsaufwand eigentlich dahinter.

1:09 Min
Frank Weiler:

Das kennen wir ja auch aus anderen Bereichen der Nachhaltigkeit, wo da lange, lange Kataloge erarbeitet werden, worüber man informieren muss und nicht informieren muss. Und das bräuchte es da dann im Zweifel eben auch.

23:43 Min
Marc:

Ist das was, was wahrscheinlich kommen wird aus deiner Sicht?

23:47 Min
Frank Weiler:

Ich habe jetzt gerade eben extra noch mal nachgeschaut. Die hängt jetzt so ein bisschen im Gesetzgebungsverfahren. Da war die Europawahl dazwischen. Da haben sich die Mehrheitsverhältnisse ja schon so ein bisschen verändert.

1:09 Min
Frank Weiler:

In Deutschland wird dieser richtigen Entwurf sehr, sehr kritisch gesehen, weil neben der Regulierung der Umweltzeichen macht der eigentlich noch was Schlimmeres, muss man sagen, als Vorschlag. Nämlich, dass man allgemein in der Umweltaussagen, das sind also Aussagen in Textform oder als Siegel, die darf man überhaupt nur noch treffen, wenn die vorher genehmigt worden sind von einer Zertifizierungsstelle.

1:09 Min
Frank Weiler:

Das heißt, da muss ich erst eine Dokumentation erstellen. Da gibt es dann ellenlange Anforderungen, was in der Dokumentation alles drinstehen muss. Dann muss ich das bei einer privaten Zertifizierungsstelle, die muss natürlich wiederum eine verschiedenste Anforderung erfüllen, muss ich das da zertifizieren lassen.

1:09 Min
Frank Weiler:

Und sonst darf ich damit gar nicht werben. Das heißt, da würde eine ziemliche Bürokratie-Maschinerie noch einmal entstehen. Und was ich so aus der Praxis höre, wäre dann, dass die kleinen Unternehmen sagen, das ist uns alles zu teuer und zu aufwendig.

1:09 Min
Frank Weiler:

Dann werben wir gar nicht mehr mit irgendwelchen Aussagen zur Umwelt. Und die großen Unternehmen würden sich wahrscheinlich beschränken auf ein paar Claims, für die sie sagen, okay, da lohnt es sich für uns der Aufwand, da lohnen sich die Kosten, das zu machen. Und man sieht das deswegen auch deshalb kritisch, wie ich finde, zu Recht, weil da droht das Gegenteil von Greenwashing.

1:09 Min
Frank Weiler:

Greenwashing, wir tun so, als ob alles bei uns umwelttoll wäre, ist es aber nicht. Und Greenwashing ist, bei uns ist alles gut, aber wir sagen das nicht. Also wir verschweigen im Grunde genommen, dass die positiven Effekte oder die Nachhaltigkeitsaspekte, weil wir Angst haben, da in irgendein rechtliches Fettnäpfchen mitzutreten und uns irgendwelchen Ärger einzuhandeln.

25:18 Min
Marc:

Würde ich mal kurz eine Brücke bauen zum sonstigen Thema hier im Podcast, nämlich so Karriere-Tipps. Also Compliance-Beratung scheint immer noch eine ganz gute Wahl zu sein.

25:28 Min
Frank Weiler:

Und Lauterkeitsrecht ehrlich gesagt auch. Also das ist einfach ein Markt, also Marketing und so weiter und Werbung ist einfach ein Markt, der sich immer ständig weiterentwickelt, auch immer ganz neue Methoden und neue Themen hat. Jetzt ist das Nachhaltigkeit und in anderen Zeiten spielen andere Dinge eine Rolle. Also da ist jedenfalls immer viel los.

25:48 Min
Anne Mittwoch:

Das sind natürlich alles Themen, die in der Ausbildung immer relevanter werden. Anne Sanders und ich haben dazu ja auch dann die entsprechenden Vorlesungen konzipiert an unseren Universitäten. Und das sind sicher dann lohnende Angebote, die man wahrnehmen kann, wenn man sich dann auf die Aufgaben, die jetzt für die Wirtschaft anstehen und schon bereits bestehen, vorbereiten will.

26:06 Min
Marc:

Vielen herzlichen Dank. Das hat sehr viel Freude gemacht und war mal wieder ein spannender Aspekt der Nachhaltigkeit, an den ich jetzt auch ohne euch so, glaube ich, gar nicht gedacht hätte. Vielen Dank.

26:16 Min
Anne Mittwoch:

Ja, vielen Dank auch von mir, lieber Frank.

26:18 Min
Frank Weiler:

Ja, ich danke euch.

26:20 Min
Marc:

Tschüss.

26:21 Min
Anne Mittwoch:

Tschüss.

26:22 Min
Frank Weiler:

Tschüss.

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